Herausgegeben von Norbert Schneider und Joachim Volpert. 9. Aufl., 2021. Deutscher AnwaltVerlag, Bonn. 3.180 S., 169,00 EUR

Die nunmehr erschienene 9. Aufl. des in der Praxis beliebten RVG-Kommentars berücksichtigt die vielfältigen Gesetzesänderungen in der letzten Zeit, die Einfluss auf das anwaltliche Gebührenrecht haben. Ferner sind seit dem Erscheinen der Vorauflage unzählige Gerichtsentscheidungen ergangen, die verwertet werden mussten. Die Neuauflage hat einen Bearbeitungsstand von Februar/März 2021.

Der AnwaltKommentar ermöglicht einen schnellen und praxisgerechten Zugriff auf das nicht ganz so einfache anwaltliche Vergütungsrecht. Dazu trägt die einheitliche übersichtliche Gliederung bei, die einen schnellen Zugriff auf die gesuchte Fallkonstellation gewährleistet. Soweit geboten, werden auch die Probleme der Kostenerstattung und der Rechtsschutzversicherung bei den einzelnen Vorschriften erörtert. Häufig werden den Erläuterungen viele Abrechnungsbeispiele und Musterberechnungen beigefügt. Ein eingängiges Beispiel für die praxisgerechte und übersichtliche Kommentierung geben hier die Erläuterungen zur Gebührenanrechnung unter § 15a Rn 19 ff. Diese beginnen mit einer mehrseitigen tabellarischen Übersicht, in der einmal die anzurechnende Gebühr, die maßgebliche Anrechnungsvorschrift und die Gebühren aufgeführt werden, auf die anzurechnen ist. Die praktische Umsetzung der Anrechnungsvorschriften wird im Folgenden ab Rn 50 anhand einer Vielzahl von Musterberechnungen dargestellt. Dem schließen sich ab Rn 88 – ebenfalls mit vielen Abrechnungsbeispielen – die Ausführungen zur Gebührenanrechnung im Rahmen der Kostenerstattung an. Die Auswirkungen der Gebührenanrechnung beim rechtschutzversicherten Mandat werden von N. Schneider unter § 15a RVG Rn 131 ff. dargestellt. Die Anrechnung bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe erörtern N. Schneider/Volpert und Fölsch mit Berechnungsbeispielen unter § 58 Rn 15 ff. Mit diesen Erläuterungen wird jede Anrechnungsfrage praxisgerecht behandelt.

Wie sich der Gegenstandswert für den im Rahmen der Zwangsvollstreckung tätigen Rechtsanwalt berechnet, wenn sich die zu pfändende Forderung im Nachhinein als wertlos herausstellt, ist seit langem in Rspr. und Lit. umstritten. Volpert spricht sich unter Hinweis auf den Beschl. des OLG Brandenburg (AGS 2017, 84 = RVGreport 2016, 470 [Hansens]) unter § 25 RVG Rn 44 dafür aus, in Anwendung von § 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 RVG den Gegenstandswert der ersten Wertstufe (bis 500,00 EUR) zugrunde zu legen, weil dies der geringere Wert sei. Demgegenüber habe ich die Auffassung vertreten, diese Regelung gelte ihrem klaren Gesetzeswortlaut nach nur für die Pfändung eines bestimmten Gegenstandes, nicht hingegen für die Forderungspfändung (s. ausführlich Hansens, ZAP Fach 24, S. 1550 ff.). Dies hat dann zur Folge, dass sich der Gegenstandswert nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung auch dann bemisst, wenn sich diese Forderung als wertlos oder unpfändbar erweist.

Ob der mit der Vertretung in einer zivilrechtlichen Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt seine Vergütung nach Teil 3 VV oder nach Teil 2 VV abrechnen kann, richtet sich gem. Vorbem. 3 Abs. 1 VV danach, ob ihm ein unbedingter Auftrag als Prozessbevollmächtigter erteilt worden ist. Dem Anwalt auf Klägerseite wird dieser Auftrag meist vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens erteilt, weil dieses Verfahren erst mit dem Eingang der entsprechenden Antragsschrift bei Gericht beginnt. Unter Vorbem. 3 VV Rn 29 führt N. Schneider aus, Voraussetzung für den Anfall der Verfahrensgebühr auf Beklagtenseite sei grds. die Zustellung der Klage bzw. Antragsschrift, der potentielle Beklagte könne seinem Rechtsanwalt aber auch bereits vorher einen Auftrag zur Vertretung als Prozessbevollmächtigter erteilen. Dies beschränkt sich allerdings nicht auf die von dem Autor genannte Konstellation, wonach der Beklagte dem Gegner schon vor der Klageerhebung mitteilt, die Klage solle an einen bestimmten Anwalt zugestellt werden. Allein entscheidend ist vielmehr der Inhalt des dem Rechtsanwalt erteilten Auftrages, der ungeachtet der Verfahrenslage aufgrund der Vertragsfreiheit als bedingter, aber auch als unbedingter Prozessauftrag erteilt sein kann, selbst wenn ein gerichtliches Verfahren noch nicht eingeleitet ist.

Die Ausführungen von N. Schneider unter Vorbem. 3 VV Rn 163 ff. zur Erstattungsfähigkeit der Terminsgebühr für Besprechungen sollte noch die Entscheidung des BGH (RVGreport 2007, 103 [Hansens] = zfs 2007, 285 m. Anm. Hansens) angefügt werden. Danach gehört auch die Terminsgebühr für Besprechungen zu den nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO grds. regelmäßig zu erstattenden gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts. Nur im Falle des Rechtsmissbrauchs, der vorliegt, wenn das Gespräch nur im Gebühreninteresse des Anwalts geführt worden ist, ist die Erstattungsfähigkeit der Terminsgebühr zu verneinen. Zutreffend sind die Erläuterungen von N. Schneider unter Nr. 3401, 3402 VV Rn 124 zur Erstattungsfähigkeit von Ter...

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