Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2, Nr. 3104 VV RVG
Leitsatz
- Die Terminsgebühr für Besprechungen fällt dann an, wenn sich ein Bevollmächtigter des Beklagten an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin in einem Telefonat nach der Kontoverbindung des Klägers erkundigt, die Zahlung ankündigt und der Prozessbevollmächtigte bestätigt, den Rechtsstreit durch Erledigung beenden zu wollen, die Abgabe der Erledigungserklärung jedoch davon abhängig zu machen, dass der Beklagte die Klageforderung einschließlich vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie aller bis dahin angefallenen Zinsen bezahlt.
- Das diesbezügliche Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Kostenfestsetzungsverfahren ist von dem Beklagten dann nicht erheblich bestritten worden, wenn der Gegenvortrag widersprüchlich ist.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.8.2021 – 6 W 42/21
I. Sachverhalt
Die Klägerin begehrte mit Klageschrift vom 9.3.2020 von der Beklagten vor dem LG Potsdam Mietzins für Heizungen und Schadensersatz wegen Nichtherausgabe eines Heizgerätes nach Mietende, Verzugszinsen sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten. Der Klageschrift beigefügt waren als Anlagen u.a. die Rechnungen der Klägerin, auf denen deren Kontoverbindung ersichtlich war. Die Klageschrift nebst Anlagen wurden der Beklagten am 18.4.2020 zugestellt.
Am 29.4.2020 rief eine Frau B, die Teamleiterin der Finanzbuchhaltung der Muttergesellschaft der Beklagten war, beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin an. Sie teilte dem Anwalt mit, dass die Klageforderung beglichen werden soll. Der weitere Inhalt des Telefonats ist zwischen den Parteien umstritten. Im Anschluss an das Telefonat bat Frau B mit E-Mail vom selben Tage den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter Bezugnahme auf das vorangegangene Telefongespräch um schriftliche Mitteilung der Bankverbindung zwecks Überweisung des in der Klageschrift "festgesetzten" Betrages. Noch am selben Tage antwortete der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ebenfalls per E-Mail und führte die einzelnen Rechnungsbeträge sowie die ausgerechneten jeweiligen Zinsen bis zu diesem Tage auf und gab auch seine Kontoverbindung an. Nachdem die Beklagte sämtliche Beträge an die Klägerin gezahlt hatte, erklärte diese mit Schriftsatz vom 5.5.2020 unter Beifügung der E-Mail vom 29.4.2020 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Dieser Erledigung widersprach die Beklagte nicht. Hieraufhin erlegte das LG Potsdam der Beklagten durch Beschl. v. 4.6.2020 die Kosten des Rechtsstreits auf.
Auf der Grundlage dieser Kostenentscheidung beantragte die Klägerin die Festsetzung ihrer außergerichtlichen Kosten gegen die Beklagte, darunter eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV nebst Auslagen. Der Rechtspfleger des LG Potsdam gab dem Kostenfestsetzungsantrag durch Kostenfestsetzungsbeschl. v. 19.3.2021 statt. Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat sich die Beklagte gegen die Festsetzung der Terminsgebühr gewandt.
Zum Anfall dieser Terminsgebühr haben die Parteien unterschiedlich vorgetragen. Die Klägerin hat behauptet, Frau B habe ihren Prozessbevollmächtigten angerufen und mitgeteilt, die Beklagte wolle die Klageforderung zahlen. Dies habe den Rechtsanwalt deshalb überrascht, weil die Beklagte bisher auf Rechnungen und vorgerichtliche Zahlungsaufforderungen nicht reagiert habe. Er habe Frau B gefragt, ob die Beklagte die übereinstimmende Erledigung des Rechtsstreits anstrebe, was Frau B bejaht habe. Hieraufhin habe der Anwalt erklärt, dass die Klage für erledigt erklärt werden könne, wenn die Beklagte die Klageforderung einschließlich vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie der bis dahin angefallenen Zinsen bezahle. Ferner habe er Frau B gebeten, zur Vermeidung späterer Streitigkeiten eine E-Mail zu schreiben, was diese auch getan habe. Darauf habe der Klägervertreter ebenfalls per E-Mail geantwortet.
Die Beklagte hat demgegenüber behauptet, Frau B habe in ihrer Eigenschaft als Leiterin Finanzen der Muttergesellschaft der Beklagten die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin angerufen, weil in den ihr vorliegenden Unterlagen keine Bankverbindung ersichtlich gewesen seien. Sie habe sich deshalb allein nach der Bankverbindung erkundigt. Sie sei zwar juristischer Laie, habe aber sichergehen wollen, weil Prozessvollmachten nicht zur Entgegennahme von Geld ermächtigen. Auch über Zinsen habe sie mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht gesprochen.
Das OLG Brandenburg hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.
II. Anfall der Terminsgebühr für Besprechungen
1. Gesetzliche Regelung
Nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV entsteht die Terminsgebühr für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. In einem solchen Fall fällt dem Prozessbevollmächtigten in der ersten Instanz eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV an.
2. Besprechung
Nach Auffassung des OLG Brandenburg hat hier der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in dem Telefonat vom 29.4.2020 eine solche die Terminsgebühr auslösende Besprechung geführt.
a) Telefonische Besprechung
Das OLG hat darauf...