Mit dieser neuerlichen Entscheidung bestätigt der VIII. ZS des BGH seine bisherige Rspr. (s. BGH AGS 2021, 506 [Hansens] = zfs 2021, 700 m. Anm. Hansens). Dieser Entscheidung lag ein Parallelrechtsstreit der Münchener Leasinggesellschaft, in dem sich diese ebenfalls durch die in Köln ansässige Rechtsanwaltskanzlei hat vertreten lassen, zugrunde. Kernaussage dieser Rspr. ist es, dass die Terminsreisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten grds. in voller Höhe erstattungsfähig sind, wenn die Hinzuziehung des auswärtigen Prozessbevollmächtigten als notwendig anerkannt wird. Insbesondere wenn die erstattungsberechtigte Partei für die Führung einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten im gesamten Bundesgebiet eine einzige Anwaltskanzlei beauftragt, kommt es für die Erstattungsfähigkeit der vollen Terminsreisekosten nicht darauf an, wo dieser Rechtsstreit geführt wird. Folglich können im Einzelfall die Terminsreisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten auch dann erstattungsfähig sein, wenn der Rechtsstreit vor einem Gericht am Geschäftssitz der erstattungsberechtigten Partei geführt wird. Eine Beschränkung der Terminsreisekosten auf die fiktiven Kosten eines Anwalts, dessen Kanzlei sich an dem von dem Gericht am weitest entfernten Ort innerhalb des Gerichtsbezirks befindet, findet dann – entgegen der Auffassung des OLG München – nicht statt.
Insoweit überzeugt die Argumentation des OLG München auch deshalb nicht, weil der Rechtsstreit hier vor dem LG Landau in der Pfalz begonnen hat. Nach Zustellung der Klageschrift wäre die in München geschäftsansässige Beklagte erstattungsrechtlich jedenfalls berechtigt gewesen, einen in Landau in der Pfalz kanzleiansässigen Prozessbevollmächtigten zu bestellen. Folglich hätte das OLG München – aus seiner Sicht – die Terminsreisekosten der Kölner Prozessbevollmächtigten jedenfalls i.H.d. Reisekosten berücksichtigen müssen, wie sie einem in Landau in der Pfalz kanzleiansässiger Rechtsanwalt für die Mitwirkung einer mündlichen Verhandlung vor dem LG München I entstanden wären.
Die Rspr. des BGH macht es für den Prozessgegner schwierig, vor Beginn des Rechtsstreits das Prozesskostenrisiko abzuschätzen, wenn er – was regelmäßig der Fall sein wird – nicht weiß, dass der Prozessgegner stets auswärtige Prozessbevollmächtigte einschaltet. Deshalb muss die die unterlegene Partei Terminsreisekosten des obsiegenden Prozessgegners unter Umständen auch dann erstatten, wenn dieser seinen Wohnsitz oder Geschäftssitz am Ort des Prozessgerichts hat.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 12/2022, S. 559 - 562