§ 10 RVG

Leitsatz

Eine Honorarberechnung nach § 10 Abs. 1 S. 1 RVG geht dem Mandanten nicht in der erforderlichen schriftlichen Form zu, wenn die Berechnung vom Rechtsanwalt mit einfacher Signatur über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an das Gericht übermittelt und dem Mandanten vom Gericht als Ausdruck zugeleitet wird.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2022 – I-3 W 111/22

I. Sachverhalt

Der Anwalt hatte über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG gegen den eigenen Mandanten beantragt. Hierzu hatte er der Antragsschrift eine Kostenaufstellung beigefügt und diese mit einfacher Signatur versehen. Die Rechtspflegerin hat den Antrag zurückgewiesen, da der Anwalt bislang keine ordnungsgemäße Rechnung nach § 10 RVG erteilt habe. Erforderlich sei nach § 10 Abs. 1 RVG die Mitteilung in Schriftform. Die hier vorgenommene Versendung per beA reiche insoweit nicht aus. Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

II. Schriftform erforderlich

Die Rechtspflegerin hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Gebührenfestsetzung nach § 11 Abs. 1 S. 1 RVG nicht vorliegen. Der entsprechende Antrag ist gem. § 11 Abs. 2 S. 1 RVG erst dann zulässig, wenn der Rechtsanwalt dem Mandanten eine von ihm unterzeichnete ordnungsgemäße Berechnung seines Honorars nach den Vorschriften des § 10 Abs. 1 1 RVG mitgeteilt hat. Hier fehlt es an einer vom Rechtsanwalt unterzeichneten Berechnung. Mit seiner Unterschrift übernimmt der Rechtsanwalt die Verantwortung für die Richtigkeit der Berechnung in strafrechtlicher, zivilrechtlicher und berufsrechtlicher Hinsicht. Der Inhalt der Berechnung muss dabei durch die Unterschrift des Rechtsanwalts gedeckt sein. Hierfür reicht ein Faksimilestempel oder ein Handzeichen nicht aus. Die Voraussetzungen des Schriftformerfordernisses nach § 126 Abs. 1, 1. Fall BGB müssen erfüllt werden, wonach eine Unterzeichnung durch eigenhändige Namensunterschrift des Ausstellers erforderlich ist.

III. Versendung per beA genügt nicht

Im zugrundeliegenden Fall befindet sich die Kostenaufstellung nur in dem aus dem beA des Antragstellers mit einfacher Signatur versehenen, an das LG versendeten Festsetzungsantrag. Diese Übermittlung genügt zwar den prozessualen Anforderungen des § 130a ZPO an die elektronische Einreichung von Schriftsätzen. Diese auf die Abgabe prozessualer Erklärungen beschränkte Vorschrift berührt die förmlichen Voraussetzungen für die Abgabe von materiell-rechtlichen Erklärungen allerdings nicht. So sieht § 126a Abs. 1 BGB ausdrücklich und unverändert vor, dass die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form nur dadurch ersetzt werden kann, dass das elektronische Dokument vom Aussteller mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wird. Das war hier aber nicht der Fall. Der Festsetzungsantrag war nicht mit einer qualifizierten, sondern nur mit einer einfachen elektronischen Signatur versehen worden. Dadurch ist dem Unterschriftserfordernis des § 10 Abs. 1. S. 1 RVG weder nach § 126 Abs. 1 BGB noch nach den §§ 126 Abs. 3, 126a Abs. 1 BGB genügt worden.

IV. Rechtsprechung zur Schriftsatzübermittlung per Papierform ist nicht übertragbar

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rspr., die in diesem Zusammenhang zu den in Papierform eingereichten Schriftsätzen ergangen ist. Danach kann die Berechnung auch in einem vom Rechtsanwalt unterzeichneten prozessualen Schriftsatz enthalten sein (BGH NJW 2002, 2774, Rn 13, noch zu § 18 Abs. 1 S. 1 BRAGO). Hierzu zählt auch ein Vergütungsfestsetzungsantrag nach § 11 RVG (OLG Düsseldorf AGS 2011, 366). Mit der Zustellung der Klage oder eines anderen Prozessschriftsatzes gilt die Berechnung dem Auftraggeber als mitgeteilt, weil dann durch Unterzeichnung sichergestellt ist, dass die Rechnung vom Rechtsanwalt oder einem bevollmächtigten Vertreter erstellt und überprüft worden ist (OLG Düsseldorf AGS 2011, 366). Diese Rspr. erfolgte jedoch auf der Prämisse, dass der eingereichte (Papier-)Schriftsatz eine der Form des § 10 Abs. 1 S. 1 RVG entsprechende Berechnung enthält, diese also der – materiell-rechtlich erforderlichen – Schriftform entspricht. Ferner legt sie zugrunde, dass die Zustellung des (Papier-)Schriftsatzes an den Auftraggeber in Form einer vom Rechtsanwalt beglaubigten Abschrift des Schriftsatzes zugeht, die entsprechend der Vorgabe in § 133 Abs. 1 S. 1 ZPO in der Praxis üblicherweise dem Antrag beigefügt ist.

Übertragen auf den elektronischen Rechtsverkehr ist vorliegend beides nicht der Fall:

Der bei Gericht eingegangene Schriftsatz entsprach mangels qualifizierter elektronischer Signatur nicht der – materiell-rechtlich erforderlichen – Form des § 126a Abs. 1 BGB.
Ferner gelangte er auch nicht in der entsprechenden Form an den Antragsgegner.

Daher wird bei Übermittlung eines mit gültiger (einfacher) Signatur des Absenders versehenen Schriftsatzes durch das Gericht an einen dritten Empfänger die elektronische Form im Verhältnis zwischen Absender und Empfänger nicht eingehalten. Denn die Legitimationswirkung der Absendersignatur (§ 130a Abs. 3, 2. Fall, Abs. 4 ZPO) besteht nur gegenüber dem Gericht. Der...

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