Ob nun Regel- oder Mindestvergütung: Ein "Reichwerden" ist für den Treuhänder ausgeschlossen. Die zu verdienenden Vergütungen sind selbst durch die Anpassung durch das SanInsFoG zum 1.1.2021 kaum angemessen. Folglich ist "verständlich", wenn das LAG zu den Pflichten des Treuhänders ausführt und betont, wonach diese "schlicht" auf die Entgegennahme des Geldes und der Information des Arbeitgebers über die Abtretung begrenzt seien. Selbst aus einer fehlenden Information an den Arbeitgeber – wie im Fall des LAG – soll sich daraus aber kein "Freifahrtschein" für den Schuldner ergeben. Letztlich ist nur dieser in der Pflicht, die Beträge "korrekt" abzuführen. Sinn der Informationspflicht (hier an den Arbeitgeber) ist es, den Aufbau eines Treuhandvermögens zu ermöglichen, das der Befriedigung der Gläubiger dient. Dazu ist es notwendig, dass der Treuhänder diejenigen, die zu einer Zahlung verpflichtet sind, von der Abtretung nach § 287 Abs. 2 S. 1 InsO unterrichtet. Nach der Übernahme des Amtes hat er deshalb Vorkehrungen dafür zu treffen, um zu gewährleisten, dass ein möglichst vollständiger Eingang der pfändbaren Bezüge während der WVP auf dem Treuhandkonto eingeht. Da der zur Zahlung Verpflichtete Bekanntmachungen nicht verfolgen muss, aus denen sich die Tatsache der Abtretung von Ansprüchen an einen Treuhänder ergibt, ist nämlich nur eine möglichst unverzügliche Information dieses Personenkreises erforderlich.
Zusammenfassend: Aufgabe des Treuhänders ist es, das vom Schuldner "freiwillig" gezahlte Geld aufgrund der Abtretungserklärung entgegenzunehmen und zu verteilen. Da kein laufendes Verfahren mehr besteht, werden die pfändbaren Einkommensbestandteile nicht mehr automatisch erfasst. Die Abtretung erfasst dabei sowohl den pfändbaren Lohn, den der Schuldner abführen sollte, als auch eventuelle Surrogate, z.B. im Falle einer selbstständigen Tätigkeit. Ist der Schuldner in der WVP selbstständig tätig, ist dieser nach § 295 Abs. 2 InsO verpflichtet, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen zu stellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Dabei handelt es sich um eine eigenständige Abführungspflicht. Leistet der Schuldner diese Zahlungen nicht, verletzt er die ihm obliegende Mitwirkungspflicht. Ob der Betrag "stimmig" ist oder nicht, ob der Schuldner dieser Verpflichtung ordnungsgemäß nachkommt oder nicht, ist tendenziell eine Überwachungsaufgabe, für die der Treuhänder separat honoriert werden müsste. Ein Verstoß gegen die Obliegenheit wird dann bei der Frage der RSB geprüft.
Autor: Dipl.-RPfl. Stefan Lissner, Konstanz
AGS 12/2023, S. 538 - 541