[Ohne Titel]

Im Rahmen des zivilrechtlichen Verfahrens entstehen sog. Doppelgebühren in unterschiedlicher Höhe, was dem Grundsatz der Einmaligkeit der Gebühren widerspricht (vgl. § 15 Abs. 2 RVG). Die aufkommenden doppelten Gebühren sind zum Beispiel auf ermäßigte Verfahrensgebühren (im streitigen Verfahren) zurückzuführen, wenn sich Teile des Gegenstandes vorzeitig erledigen. Um den Mandanten hinsichtlich seiner Kostentragung nicht mit überhöhten Kosten zu belasten, hat der Gesetzgeber § 15 Abs. 3 RVG normiert. Diese Vorschrift stellt eine abrechnungsrelevante Prüfung für sämtliche Verfahren dar und schafft somit einen Rahmen zur Begrenzung von Doppelgebühren / von doppelten Gebühren der gleichen Art. Wann und wie eine Prüfung nach § 15 Abs. 3 RVG anzuwenden ist, soll in diesem Beitrag näher erläutert und anhand von Beispielsfällen aufgezeigt werden.

I. Einleitung

Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 RVG treten in derselben Angelegenheit für Teile des Gegenstandes Gebühren mit unterschiedlichen Gebührensätzen auf.[1] Dies hat zur Folge, dass die Gebühren gesondert abzurechnen sind, jedoch nicht höher sein dürfen als die Gesamtheit der Gebühren nach dem höchsten Gebührensatz. Es gilt somit, die Prüfung nach § 15 Abs. 3 RVG zu beachten.[2]

Während auf die Thematik der § 15 Abs. 3 RVG-Prüfung eingegangen wird, beschränkt sich der vorliegende Beitrag lediglich auf praxisrelevante zivilrechtliche Verfahren, die eine solche Prüfung nach sich ziehen. Diese sind im Wesentlichen das Mahn- und Erkenntnisverfahren.

Bevor die Prüfung Anwendung finden kann, ist zu differenzieren, ob es sich bei den Gebühren um dieselbe Angelegenheit (§ 16 RVG) oder eine verschiedene Angelegenheit i.S.v. § 17 RVG handelt. Geprüft wird gem. § 15 Abs. 3 RVG demnach nur, wenn es sich um dieselbe Angelegenheit i.S.v. § 16 RVG handelt.[3] Ferner ist zu prüfen, ob es sich in derselben Angelegenheit um verschiedene Gegenstände oder denselben Gegenstand handelt.[4] Geht es um denselben Gegenstand, so ist der höchste Gebührensatz maßgebend und eine Prüfung nach § 15 Abs. 3 RVG obsolet.[5]

Handelt es sich hingegen um verschiedene Gegenstände, so sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 RVG gegeben und seine Prüfung findet Anwendung.

[1] Vgl. AnwK-RVG/N. Schneider, 9. Aufl., 2021, § 15 Rn 5.
[2] Vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl., 2021, § 15 Rn 88.
[3] Vgl. AnwK-RVG/N. Schneider, a.a.O., § 15 Rn 7, 23 ff.
[4] Vgl. AnwK-RVG/N. Schneider, a.a.O., § 15 Rn 215.
[5] Vgl. AnwK-RVG/N. Schneider, a.a.O., § 15 Rn 216.

II. Die Prüfung nach § 15 Abs. 3 RVG

Um die Vorgehensweise der Prüfung nachvollziehen zu können, soll nachfolgendes Beispiel als Einstieg dienen.

1. Einführungsbeispiel

 

Beispiel

Rechtsanwalt R wurde vom Mandanten M beauftragt, einen Mahnbescheid i.H.v. 15.000,00 EUR zu beantragen. Bevor jedoch der Mahnbescheid beantragt werden konnte, zahlt der Gegner 5.000,00 EUR an M. Wegen des Restbetrages wird das Mahnverfahren eingeleitet.

Durch die Beauftragung des Rechtsanwalts im Mahnverfahren entsteht die Verfahrensgebühr Nr. 3305 VV. Der Gegenstandswert beträgt 10.000,00 EUR, da der Antragsgegner bereits 5.000,00 EUR gezahlt hat. Aufgrund der Tatsache, dass die Zahlung der 5.000,00 EUR vor Beantragung des Mahnbescheides geschehen ist, entsteht zusätzlich die ermäßigte Verfahrensgebühr Nr. 3306 VV für die vorherige Erledigung einer Teilsumme i.H.v. 5.000,00 EUR.

Es entstünden somit folgende Gebührenzeilen:

 
1,0-Verfahrengebühr, Nr. 3305 VV 614,00 EUR
(Wert: 10.000,00 EUR)  
0,5-Verfahrengebühr, Nr. 3306 VV 167,00 EUR
(Wert: 5.000,00 EUR)  
Summe 1 781,00 EUR

Da nach dem Gesetzeslaut des § 15 Abs. 3 RVG für Teile des Gegenstandes (s.o. 10.000,00 EUR) und für die Erledigung (s.o. 5.000,00 EUR) die verschiedenen Gebührensätze addiert nicht höher sein dürfen als die Gesamtheit der Gebühren nach dem höchsten Gebührensatz, ergibt sich nachfolgende Prüfung:

 
gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 718,00 EUR
1,0 aus 15.000,00 EUR (= Summe 2)

Die Prüfung hat in diesem Beispiel ergeben, dass Summe 2 sichtlich geringer ist als Summe 1, somit ist die günstigere Summe maßgebend zur Rechnungsstellung.

Es kann also bereits festgehalten werden, dass der Mandant schlussendlich aufgrund § 15 Abs. 3 RVG von einer Reduzierung der Anwaltsrechnung profitiert.

2. Erkenntnisverfahren und nicht anhängige Ansprüche

Im streitigen Verfahren findet die Prüfung nach § 15 Abs. 3 RVG Anwendung, sobald die Verfahrensgebühren Nrn. 3100 und 3101 VV einschlägig sind (vgl. Nr. 3101 Abs. 1 VV). Ebenso, wenn im Rahmen eines Vergleichs doppelte Einigungsgebühren auftreten, indem nicht anhängige Ansprüche während des Verfahrens geltend gemacht werden. Dies hat Auswirkungen auf den Gegenstandswert der ermäßigten Verfahrensgebühr Nr. 3101 VV und lässt zudem die Einigungsgebühr Nr. 1000 VV entstehen. Durch das Auftreten von Doppelgebühren ist die Anwendung der Prüfung unerlässlich.

Im untenstehenden Beispiel sollen die soeben genannten Gebührenarten und die damit verbundene Thematik der § 15 Abs. 3 RVG-Prüfung verdeutlicht werden.

 

Beispiel

Es gibt einen Klagauftrag i.H.v. 20.000,00 EUR. Noch vor Klageinreichung werden 5.000,00 EUR gezahlt. Wegen des Re...

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