Gegen die Entscheidung des Amtsrichters über die Erinnerung des Rechtsanwalts X ist gem. § 56 Abs. 2 S. 1 RVG die Beschwerde gegeben, wobei die Vorschriften der § 33 Abs. 3 bis 8 RVG, die an sich die Festsetzung des Gegenstandswertes betreffen, entsprechend anwendbar sind.
Die formellen Voraussetzungen der Beschwerde sind hier gegeben. Der Bezirksrevisor ist als Vertreter der Landeskasse durch die nach seiner Auffassung zu Unrecht erfolgte Festsetzung der Einigungsgebühr beschwert. Der Wert der Beschwer übersteigt hier auch 200,00 EUR, weil die Einigungsgebühr hier schon ohne anteilige Umsatzsteuer 222,00 EUR beträgt (s. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG). Die Beschwerdeschrift ist auch innerhalb der in § 33 Abs. 3 S. 3 RVG bestimmten 2-Wochen-Frist eingelegt worden.
Hier mangelt es aber an der nach § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 7 S. 1 RVG erforderlichen Schriftform. Danach ist die Beschwerde entweder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzureichen, was hier nicht der Fall war, oder schriftlich. Diese Voraussetzung war hier nicht erfüllt. Nach § 12b S. 1 RVG sind in Verfahren nach dem RVG – hier das Beschwerdeverfahren nach § 56 Abs. 2 S. 1 RVG – die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die elektronische Akte und über das elektronische Dokument für dasjenige Verfahren anzuwenden, in dem der Rechtsanwalt die Vergütung erhält. Da Rechtsanwalt X hier seine Vergütung für die Vertretung seines Mandanten in einem Zivilprozess begehrt hat, sind die Verfahrensvorschriften der ZPO anwendbar. Somit galt hier auch § 130b S. 2 ZPO, wonach schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, mithin auch die Beschwerdeschrift, durch eine Behörde als elektronisches Dokument zu übermitteln sind. Folglich hätte hier der Bezirksrevisor als Vertreter des Landes Berlin seine Beschwerde als elektronisches Dokument einreichen müssen. Das war hier bis zum Ablauf der Beschwerdefrist nicht erfolgt.
Somit hat der Bezirksrevisor hier innerhalb der Beschwerdefrist keine wirksame Beschwerde eingereicht. Ein Wiedereinsetzungsantrag des Bezirksrevisors nach § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 5 S. 1 RVG dürfte keinen Erfolg haben, weil die Fristversäumung nicht unverschuldet war. Vielmehr beruhte sie auf einer schuldhaften Unkenntnis des Bezirksrevisors von den einschlägigen Verfahrensgesetzen.
Rechtsanwalt X wird also das LG Berlin in seiner Beschwerdeerwiderung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des LSG Essen, a.a.O., auf die Unwirksamkeit der Beschwerde des Bezirksrevisors hinweisen und vorsorglich kurze Ausführungen zum Anfall der Einigungsgebühr machen.
Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 12/2023, S. 541 - 543