Der Rechtsanwältin stehe nach Nr. 7000 VV die abgesetzte Dokumentenpauschale für Ausdrucke aus der elektronischen Gerichtsakte i.H.v. 410,45 EUR zu, nämlich im Ermittlungsverfahren 50 Ausdrucke zu je 0,50 EUR und 926 Ausdrucke zu je 0,15 EUR sowie im Hauptverfahren 50 Ausdrucke zu je 0,50 EUR, 1.317 Ausdrucke zu je 0,15 EUR und 24 Farbausdrucke zu je 1,00 EUR. Hinzu kommt nach Nr. 7008 VV die anteilige Umsatzsteuer von 77,99 EUR.
Nach Nr. 7000 1a) VV falle die Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten für Kopien und Ausdrucke aus Behörden- und Gerichtsakten nur an, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Dabei sei grds. ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl. Schneider/Volpert/Fölsch/Stollenwerk, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., 2021, RVG VV 7000, Rn 10). Werde der Rechtsanwalt – wie hier – die komplette Verfahrensakte in digitalisierter Form zum weiteren Verbleib überlassen, seien Kosten für Ausdrucke daraus nach Nr. 7000 1a) VV vom Grundsatz her keine erforderlichen Auslagen i.S.v. § 46 Abs. 1 RVG (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.4.2018 – 2 Ws 1/18, JurBüro 2018, 352 = AGS 2018, 267). Von diesem Grundsatz seien jedoch Ausnahmen möglich, deren Voraussetzungen in der Kommentarliteratur umstritten seien (vgl. Schneider/Volpert/Fölsch/Stollenwerk, a.a.O., RVG VV 7000 Rn 10; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 26. Aufl., 2023., VV 7000 Rn 62; Toussaint, KostR, 54. Aufl., 2024, RVG VV 7000 Rn 10).
Auf die Einzelheiten dieses Meinungsstreits komme es jedoch nicht an, weil der vorliegende Fall exemplarisch dafür sei, dass Ausdrucke aus der elektronischen Gerichtsakte zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten waren: Die Akte habe aus über 2.000 Blatt Hauptakten nebst Beweismittelheften und ganz überwiegend aus Vernehmungen von Zeugen und Beschuldigten bestanden; allein der Nebenkläger sei vor der Hauptverhandlung mehr als fünfmal, teilweise sehr umfangreich, vernommen worden; die Akte sei äußerst unübersichtlich strukturiert; die erinnerungsführende Rechtsanwältin habe seit dem Ermittlungsverfahren wiederholt aktenkundige Aussagen von Zeugen und Beschuldigten synoptisch nebeneinander gestellt. Dazu sei es erforderlich gewesen, Ausdrucke der zahlreichen aktenkundigen Aussagen von Zeugen und Beschuldigten ausgedruckt nebeneinanderzulegen und abzugleichen. Außerdem sei es angesichts der Vielzahl wiederholter Vernehmungen für die Hauptverhandlung erforderlich gewesen, jeweils Ausdrucke aller aktenkundigen Aussagen eines Zeugen zu verwenden. Aus diesen Gründen des Einzelfalls sei ausnahmsweise ein vollständiger Ausdruck der elektronischen Gerichtsakte zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache i.S.v. Nr. 7000 1a) VV geboten.