Hieran gemessen lagen nach Auffassung des OLG die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 S. 1 RVG vor.
1. Übliche Staatsschutzverfahren
Das Verfahren sei wesentlich dadurch geprägt, dass es bereits im ersten und einzigen Hauptverhandlungstermin vorläufig eingestellt worden sei. Der Schwerpunkt des vom Antragsteller erbrachten Arbeitsaufwandes habe deshalb in der Einarbeitung und in der Verfahrensbearbeitung außerhalb der Hauptverhandlung gelegen. Dies habe zur Folge, dass zur Prüfung eines besonderen Umfangs der Sache und eines besonderen Arbeitsaufwandes des Verteidigers ausnahmsweise nicht auf einen Vergleich mit anderen Staatsschutzverfahren abgestellt werden könne. Denn diese seien üblicherweise durch eine große Anzahl an Sitzungstagen geprägt. In solchen Verfahren schlage sich regelmäßig ein besonderer Einarbeitungsaufwand, die Komplexität des Verfahrens sowie der Umfang der Akten gerade in der Anzahl und Dauer der Hauptverhandlungstage nieder und führe dadurch zumindest mittelbar zu einer höheren Vergütung des Verteidigers (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.3.2024 – 2 ARs 10/22, AGS 2024, 262). Dies wirke sich umso mehr aus, als die Terminsgebühr für den Pflichtverteidiger in Staatsschutzverfahren (Nr. 4120 VV) deutlich höher sei als in gewöhnlichen Verfahren vor der Strafkammer (Nr. 4114 VV).
2. I.d.R. größerer Umfang von Staatsschutzverfahren
Im vorliegenden Ausnahmefall finde der typischerweise größere Umfang von Staatsschutzverfahren demgegenüber in den gesetzlichen Gebühren kaum Berücksichtigung, weil nur eine einzige Terminsgebühr entstanden sei und die Tätigkeit des Antragstellers ganz überwiegend im Anwendungsbereich der Grundgebühr und der Verfahrensgebühren erfolgt sei. Die Höhe der Grundgebühr Nr. 4100 VV und der Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren Nr. 4104 VV unterscheide sich in Staatsschutzverfahren indes nicht von anderen Strafverfahren, selbst wenn diese letztlich vor dem Strafrichter verhandelt werden. Die Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV für das gerichtliche Verfahren sei in Staatsschutzsachen zwar mehr als doppelt so hoch als die Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV in Verfahren vor dem AG und in gewöhnlichen Strafkammerverfahren nach Nr. 4112 VV. Der absolute Unterschied liegt aber bei lediglich rund 200,00 EUR. Er bilde deshalb ersichtlich nicht den für Staatsschutzverfahren typischen Aufwand für das Studium umfangreicher Akten ab (vgl. BT-Drucks 15/1971, 201).
3. Hier Vergleich mit allen erstinstanzlichen Verfahren
Daraus folgt, dass im vorliegenden Verfahren – das durch die Tätigkeit vor der Hauptverhandlung geprägt sei – für die Prüfung gem. § 51 Abs. 1 RVG als Vergleichsmaßstab ausnahmsweise nicht der Umfang eines typischen Staatsschutzverfahrens herangezogen werden könne, sondern dieses Verfahren mit einem durchschnittlichen Verfahren aus dem gesamten Spektrum aller erstinstanzlichen Verfahren einschließlich solcher vor dem AG verglichen werden müsse. Angesichts der mehr als 70-seitigen Anklageschrift, der beträchtlichen Anzahl an Aktenbänden und der Einschätzung des Vorsitzenden der Staatsschutzkammer zum Verfahrensumfang stehe dabei außer Frage, dass sich das vorliegende Verfahren nach diesem Maßstab exorbitant von durchschnittlichen Verfahren abhebe und besonders umfangreich gewesen sei. Die gesetzlichen Gebühren würden sich in Anbetracht des Verfahrensumfangs als unzumutbar niedrig erweisen.
Das OLG hat dann eine Pauschgebühr von 636,00 EUR bewilligt. Damit werde der gesetzliche Gebührenanspruch im Ergebnis um den Betrag erhöht, mit dem nach dem gesetzlichen VV ein zusätzlicher Arbeitstag des Verteidigers im Rahmen einer Hauptverhandlung vergütet würde (Nrn. 4120, 4122 VV a.F.). Damit sei zumindest das Durcharbeiten der umfangreichen Anklageschrift sowie die grobe Sichtung der Akten angemessen abgegolten.