Normenkette
RVG § 51 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Sache wird auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
Dem gerichtlich bestellten Verteidiger, Rechtsanwalt pp. wird auf seinen Antrag und nach Anhörung des Angeklagten Pp - im Ermittlungsverfahren und im Verfahren erster Instanz vor dem Senat des Oberlandesgerichts Stuttgart ein Vorschuss auf eine Pauschvergütung anstelle der Grundgebühr (RVG VV Nr. 4101) der Vorverfahrensgebühr (RVG VV Nr. 4105), der (Haupt-​)Verfahrensgebühr (RVG VV Nr. 4119) und der Terminsgebühren (RVG VV Nrn. 4121, 4122, 4123) in Höhe von 146.142 Euro (in Worten: einhundertsechsundvierzigtausendeinhundertzweiundvierzig Euro) bewilligt.
Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Die Ansprüche des Verteidigers auf Erstattung von Auslagen und Umsatzsteuer bleiben unberührt. Festgesetzte oder schon ausbezahlte Gebühren sind anzurechnen.
Gründe
Der Antragsteller, gerichtlich bestellter Verteidiger des Angeklagten pp. begehrt mit Antrag vom 13. Mai 2022 die Bewilligung eines Vorschusses auf die Pauschgebühr gemäß § 51 Abs. 1 Satz 5 RVG. Zunächst hat die Bezirksrevisorin beim Oberlandesgericht Stuttgart am 14. Juni 2022, sodann hat auch der Generalbundesanwalt am 2. August 2022 Stellung genommen. Das gegen den Angeklagten pp. gerichtete Verfahren ist nicht rechtskräftig und dauert an.
I.
Der Antragsteller beantragt,
"auf die zu erwartende Pauschgebühr für die Grundgebühr, die Vorverfahrensgebühr, die Verfahrensgebühr und die Verhandlungstage bis zum 07.04.2022 einen Vorschuss in Höhe von 216.750,00 € netto zu bewilligen".
1. Er trägt in tatsächlicher Hinsicht im Wesentlichen vor, dass es im Hinblick
- auf den Umfang der Akte bei Anklageerhebung,
- auf den notwendigen Einarbeitungsaufwand,
- auf die Dauer der laufenden Hauptverhandlung,
- auf die Terminierungsdichte mit zwei Verhandlungstagen pro Woche mit Unterbrechung von einem Tag, der eine Rückreise nicht zulasse,
- auf die Dauer und Schwierigkeit der Hauptverhandlungstermine mit zwölf Angeklagten mit jeweils zwei Verteidigern,
- auf den erhöhten Abstimmungsbedarf unter den Verteidigern,
- auf den Besprechungsaufwand in und außerhalb der Hauptverhandlung,
- auf die erhöhten rechtlichen Schwierigkeiten in der Bearbeitung von Staatsschutzsachen - insbesondere die Abgrenzung von Vorbereitungshandlung, Versuch, Rücktritt und Vollendung bei der Gründung einer terroristischen Vereinigung und
- auf die Höhe des mit der Verfahrensbearbeitung verbundenen Verdienstausfalles
außer Frage stehe, dass eine Pauschvergütung zu bewilligen sein werde.
Als Besonderheit komme hinzu, dass der Antragsteller wegen des Umfangs und der Schwierigkeit ab Mandatierung im Hinblick auf den zu erwartenden Aufwand so gut wie keine anderen Neumandate habe annehmen können, sich mithin auf die laufenden Einnahmen aus diesem Verfahren verlassen habe. Durch "diverse coronabedingte Ausfälle" sei "auch diese Einnahmequelle teilweise über Wochen eingebrochen", so dass im Ergebnis nicht nur die Einnahmeausfälle wegen der Nichtannahme von Neumandaten zu verzeichnen seien, sondern die zu erwartenden Einnahmen aus dem laufenden Verfahren so weggebrochen seien, dass teilweise über Wochen keinerlei Umsätze mehr hätten generiert werden können.
2. In rechtlicher Hinsicht geht der Antragsteller davon aus, dass bezüglich der Höhe der zu bewilligenden Pauschvergütung hinsichtlich der Verfahrensabschnitte zu differenzieren, zugleich in einer Gesamtschau zu prüfen sei, ob die dem Verteidiger für seine Tätigkeit im gesamten Verfahren gewährte Regelvergütung insgesamt noch zumutbar ist oder ob ihm wegen besonderer Schwierigkeiten in einem Verfahrensanschnitt mit der dafür vorgesehenen Gebühr ein ungerechtfertigtes Sonderopfer abverlangt werde.
Vorliegend habe ein mit den Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis nicht angemessen abgegoltener Schwerpunkt der Arbeit in der erstmaligen Einarbeitung in die Ermittlungsakten gelegen, wodurch die Bearbeitung weiterer Mandate und die Akquise neuer Mandate über diesen "Einarbeitungszeitraum" unmöglich geworden sei. Diese Tätigkeit habe sich "im Vergleich zu einem "normalen Rechtsfall" als weit überdurchschnittlich" erwiesen, so dass der durch den Aktenumfang "objektiv [...] unüblich hohe(n) Zeitaufwand für die Aneignung des Verfahrensstoffes und die erstmalige Einarbeitung in denselben" eine Vergütung mit den Pflichtverteidigergebühren (Grundgebühr mit Haftzuschlag Nr. 4100/4101 VV RVG) unzumutbar sei und ein Sonderopfer darstellen würde.
Gleiches gelte für "die nach Ziff. 4120/4121 des RVG für die Hauptverhandlungstermine (gegebenenfalls mit Zeitzuschlägen nach Ziff. 4122/4123 des VV RVG) in Ansatz zu bringenden Terminsgebühren des Pflichtverteidigers in Staatsschutzsachen". Denn "die Terminsdichte" bedeute "sowohl einen über das übliche Maß auch von Staatsschutzsachen hinausgehenden rein tatsächlichen (Zeit-​)Aufwand, welcher über die konkrete Verfahrensausgestaltung hinaus auch in den Terminen selbst dem Verteidiger ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit u...