§ 242 S. 1 FamFG bestimmt, dass im Fall der Anhängigkeit eines auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsantrags oder der Einreichung eines diesbezüglichen Antrags auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe § 769 ZPO entsprechend gilt. Die analoge Anwendbarkeit des § 769 ZPO war insoweit von der Rechtsprechung auch bereits vor Inkrafttreten des FGG-ReformG als zulässig angesehen und in der Praxis so gehandhabt worden. Da weder in § 95 FamFG noch in § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG eine Verweisung auf § 769 ZPO enthalten ist, der Gesetzgeber aber die vor Inkrafttreten maßgebliche Praxis beibehalten wollte, hat er der früheren, nicht geregelten, analogen Anwendung des § 769 ZPO durch Einführung des § 242 FamFG auf der Grundlage des FGG-ReformG einen gesetzlichen Rahmen gegeben.
Infolgedessen haben – allerdings ohne rechtlichen und tatsächlichen Anknüpfungspunkt – neben dem AG Nürnberg und dem AG Siegburg auch andere FamG die Schlussfolgerung abgeleitet "Einstweilige Anordnung" i.S.d. § 769 ZPO ist = "Einstweilige Anordnung" i.S.d. der §§ 246, 49 ff. FamFG und damit Grundlage für die Fehlwürdigung geschaffen, Anträge nach § 769 ZPO (§ 242 FamFG) würden ein selbstständiges Verfahren einleiten, das beim FamG auch gesondert zu führen sei (§ 51 Abs. 3 S. 1 FamFG).
Dieser so verstandene "Kurzschluss" ist von gesetzlichen Grundlagen weit entfernt, zumal die einstweilige Anordnung nach dem FamFG anderen verfahrensrechtlichen Regelungen folgt als eine einstweilige Anordnung nach der ZPO (vgl. §§ 765a, 769 ZPO).
Insbesondere wird eine Einstweilige Anordnung nach § 769 ZPO über die Verweisung des § 242 FamFG nicht zu einer einstweiligen Anordnung nach dem FamFG, bleibt vielmehr eine solche, die allein nach § 769 ZPO zu beurteilen ist.
Dies hat das OLG zutreffend herausgearbeitet und auch gerade gerückt.
Es hatte dann aber schließlich die maßgebliche Frage zu beantworten, wie ein Verfahrenskostenhilfeantrag betreffend ein durch das FamG verfahrenswidrig selbstständig geführtes Verfahren zu bescheiden ist und souverän die Schlussfolgerung hergeleitet, dass auch für solche Fälle die Staatskasse Hilfestellung leisten muss. Dies soll gelten, obgleich dogmatisch betrachtet eine Erfolgsaussicht für ein nicht existentes Verfahren eigentlich gar nicht bejaht werden kann. Wegen der Erfolgsaussicht hat das OLG für die Antragsgegner aber darauf abgestellt, dass der Vollstreckungseinstellungsantrag zurückgewiesen worden sei und deshalb die Verteidigung gegen den Einstellungsantrag die Annahme einer Erfolgsaussicht indiziere.
Wie aber wäre mit dem Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers zu verfahren? Im Sinne einer Gleichbehandlung müsste dann gleichermaßen Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden, selbst wenn der Einstellungsantrag tatsächlich keine Aussicht auf Erfolg haben würde. Eine falsche gerichtliche Praxis darf allerdings nicht zur Benachteiligung eines Verfahrensbeteiligten führen, zumal der Antragsteller folgerichtig auch noch mit einer Kostenentscheidung zu seinem Nachteil zu rechnen haben würde (§ 81 Abs. 1 S. 3 FamFG). Es bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung des OLG weiteren falschen familiengerichtlichen Entscheidungen entgegenwirkt. Im Übrigen gilt Folgendes:
Durch den Antrag auf Einstellung der Vollstreckung nach § 242 FamFG i.V.m. § 769 ZPO werden keine Gerichtsgebühren ausgelöst. Die Tätigkeit gehört nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 RVG zum Rechtszug. Findet über den Einstellungsantrag allerdings eine abgesonderte mündliche Verhandlung statt, werden die Gebühren nach den Nrn. 3328, 3332 VV ausgelöst. Insoweit ist für die Wertfestsetzung das Interesse des Schuldners maßgebend. Diese Gebühren gelten als Kosten des "Hauptsacheverfahrens" und werden von der dortigen Kostenentscheidung umfasst.
Rechtsanwältin und FAFamR Lotte Thiel, Koblenz
AGS 2/2014, S. 83 - 84