Leitsatz
- Der eventuelle Schadensersatzanspruch eines Prozessbeteiligten gegen seinen Prozessbevollmächtigten (wegen von vornherein offensichtlich keine Erfolgsaussichten versprechender Rechtsverfolgung/-verteidigung) kann durch den Prozessgegner – aus dem zu dessen Gunsten ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss – entsprechend §§ 851, 852 ZPO, 399 BGB nur gepfändet werden, wenn der Prozessbeteiligte selbst diese Schadensersatzansprüche geltend macht oder den Prozessgegner hierzu ermächtigt.
- Die Einrede der beschränkten Minderjährigenhaftung gem. § 1629a BGB kann auch gegenüber einem Kostenfestsetzungsbeschluss geltend gemacht werden, wenn der Minderjährige sich die entsprechende Einrede nicht bereits im Hauptsacheverfahren vorbehalten und entsprechend tenorieren lassen hat.
OLG Koblenz, Beschl. v. 27.5.2015 – 2 U 894/14
1 Aus den Gründen
Der Senat hat die Sache umfassend vorberaten. Danach stuft er die landgerichtliche Entscheidung im Ergebnis wie auch in weiten Teilen der Begründung als zutreffend ein, sieht sich aus den nachfolgend dargestellten Gründen indes an einer Entscheidung nach § 522 ZPO gehindert.
So teilt der Senat die das Urteil tragende landgerichtliche Auffassung, dass den Kindern des Schuldners als vormaligen Mandanten der Beklagten bislang kein Schaden erwachsen sei und auch nicht drohe, da sie einer künftigen Inanspruchnahme die Einrede der beschränkten Minderjährigenhaftung gem. § 1629a BGB entgegenhalten könnten, worauf sich hier auch die Beklagten berufen können. Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs der Kinder gegen die Beklagten wäre, dass neben einer schuldhaften anwaltlichen Pflichtverletzung (über welche hier erforderlichenfalls noch hätte Beweis erhoben werden müssen) bei den Kindern eine Vermögensverschlechterung eingetreten wäre, wofür ausreichen würde, wenn sie dauerhaft der aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen drohenden Vollstreckungsgefahr ausgesetzt wären. Aktuelle Vollstreckungsversuche des Klägers sind indes erfolglos geblieben und gegenüber künftigen können sich die Kinder dauerhaft auf § 1629a BGB berufen, zumal keinerlei Anhaltspunkte dahingehend vorgebracht sind, dass die Kinder bis zum Eintritt der Volljährigkeit noch Vermögen erwerben könnten, welches eine Vollstreckungsmöglichkeit eröffnen würde.
Die Beklagten sind auch keine Dritten i.S.d. § 1629a Abs. 3 BGB, da der Kläger nicht wahlweise auf die Beklagten als Mitschuldner oder Mithaftende der Kinder hinsichtlich deren ursprünglicher Kostenschuld zurückgreift, sondern im Zuge der vorgenommenen Pfändung einen eigenständigen Schadensersatzanspruch der Kinder gegenüber den Beklagten verfolgt, für den die Einschränkungen des § 1629a Abs. 3 BGB gerade nicht eingreifen.
An einem Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO sieht sich der Senat in diesem Punkt aber durch eine entgegenstehende Entscheidung des OLG Köln (MDR 2010, 998) gehindert, die für einen vergleichbaren Fall annimmt, dass sich der Minderjährige gegenüber einem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht mehr auf § 1629a BGB berufen kann, wenn er sich die entsprechende Einrede nicht bereits im Hauptsacheverfahren vorbehalten und entsprechend tenorieren lassen hat.
Diese Entscheidung des OLG Köln erscheint dem Senat vor dem gesetzgeberischen Hintergrund der Regelung des § 1629a BGB allerdings unzutreffend. So will die Vorschrift des § 1629a BGB verhindern, dass der Minderjährige mit fremdverursachten Schulden in die Volljährigkeit eintritt (Melchers, FamRZ 2011, 1169). Nach dem Schutzzweck der Norm und dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks 13/5624, 12 f.) sollen daher – im denkbar weitesten Sinne – alle Verbindlichkeiten erfasst werden, die Eltern, Vormund, Pfleger oder andere Vertretungsberechtigte durch Rechtsgeschäft oder sonstige Handlungen mit Wirkung für den Minderjährigen begründen. Zur Erreichung eines unbelasteten Eintritts in die Volljährigkeit ist den Kindern hier daher die Berufung auf § 1629a BGB bei Eintritt der Volljährigkeit weiterhin zuzugestehen, auch wenn die Beklagten die entsprechende Einrede bereits in dem Vorprozess hätten erheben können. Denn auch die schlichte Nichtgeltendmachung von eingeräumten rechtlichen Möglichkeiten, die einen Minderjährigen der Haftung für bestimmte Verbindlichkeiten aussetzt, sollte nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers von § 1629a BGB erfasst werden (vgl. BT-Drucks 13/5624, 13, dort wird beispielhaft das Unterlassen der Ausschlagung einer Erbschaft angeführt).
Der Senat sieht – anders als das LG – aber auch hinsichtlich eines zweiten Gesichtspunktes die Klage als abweisungsreif an. So spricht viel dafür, dass dem Kläger bereits die Aktivlegitimation fehlt, da er eventuelle Schadensersatzansprüche der Kinder gegen die Beklagten nicht pfänden konnte.
Auf Basis der den Regelungen der §§ 851, 852 ZPO, § 399 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedanken stuft der Senat zwar Schadensersatzansprüche von Mandanten gegenüber ihren Rechtsberatern als grundsätzlich übertragbar ein. Die vom Kläger angenommene freie Pfändbarkeit solcher Ansprüche ...