Zur Entscheidung ist der Senat berufen, nachdem ihm der Einzelrichter die Rechtssache wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen hat (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 S. 2 RVG).
Die Beschwerde (§ 56 Abs. 2 S. 1, 2. Alt. i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 u. 3 RVG) ist zulässig, weil der Beschwerdewert von 200,00 EUR überschritten ist und die zweiwöchige Einlegungsfrist gewahrt ist.
Die Beschwerde hat – jedenfalls teilweise – Erfolg und führt zur Zurückgabe an das LG zur Entscheidung über die Höhe der Dokumentenpauschale für die für den Antragsteller selbst gefertigten Ausdrucke. Hingegen ist die Beschwerde insoweit unbegründet, als der Antragsteller eine (weitere) Dokumentenpauschale für die für seinen Mandanten gefertigten Ausdrucke gelten macht.
1. Nach Nr. 7000 Nr. 1 Buchs. a) VV entsteht eine Dokumentenpauschale für Kopien und Ausdrucke aus Gerichtsakten, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Der Ausdruck einer in digitalisierter Form (hier auf mehreren CD-ROMs) gespeicherten Gerichtsakte fällt unter den Wortlaut des Gebührentatbestands der Nr. 7000 Nr. 1 Buchst. a) VV (Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., VV 7000 Rn 5). Die Frage, ob die Ausdrucke (entsprechendes gilt für die Kopien aus einer Gerichtsakte) zur sachgerechten Bearbeitung erforderlich waren, beurteilt sich im Einzelfall nach dem objektiven Standpunkt eines vernünftigen sachkundigen Dritten (Hartmann, KostG, 44. Aufl., RVG, 7000 VV Rn 6; Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., VV 7000 Rn 8).
a) Ob die Herstellung der Dokumente zur sachgemäßen Bearbeitung im jeweiligen Einzelfall geboten ist, ist aus der Sicht zu beurteilen, die ein verständiger und durchschnittlich erfahrener Prozessbevollmächtigter (bzw. vorliegend: Verteidiger) haben kann, wenn er sich mit der betreffenden Gerichtsakte beschäftigt und alle Eventualitäten bedenkt, die bei der dann noch erforderlichen eigenen Bearbeitung der Sache auftreten können (vgl. BGH NJW 2005, 2317 f. [= AGS 2005, 306]). Es ist also ein objektivierter Maßstab zugrunde zu legen; auf die subjektive Sicht des Rechtsanwalts kommt es nicht an (Ahlmann, a.a.O., VV 7000 Rn 8). Gleichwohl steht auch dem gerichtlich bestellten bzw. beigeordneten Rechtsanwalt ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. OLG Celle NJW 2012, 1671; OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 29.3.2012 – 2 Ws 49/12, JurionRS 2012, 14204; OLG Köln NStZ-RR 2012, 392). Allerdings muss der Anwalt das ihm eingeräumte Ermessen auch ausüben (OLG Koblenz, Beschl. v. 16.11.2009 – 2 Ws 526/09, JurionRS 2009, 36455; OLG Köln NStZ-RR 2012, 392).
Deshalb wird teilweise die Auffassung vertreten, dass der Rechtsanwalt nicht kurzerhand die gesamte Akte von einer juristisch nicht geschulten Kanzleikraft kopieren lassen darf. Auch das ungeprüfte vorsorgliche Ablichten der gesamten Akte führt nicht dazu, dass die gesamten angemeldeten Kopierkosten als erstattungsfähig anzuerkennen sind, wenn einzelne Teile der Akte von vornherein den zu verteidigenden Mandanten nicht betreffen können. Jedenfalls dann, wenn dem Verteidiger in einem größeren Verfahren eine Vielzahl von Beiakten übersandt wird, kann es zumutbar sein, dass der Verteidiger vor dem Kopieren die Verfahrensrelevanz der einzelnen Beiakten prüft. Das wird zwar wiederum dann nicht verlangt werden können, wenn die Akten nur für kurze Zeit überlassen werden. Hier wird es aus Zeitgründen oft nicht möglich und zumutbar sein, die gesamten Akten daraufhin durchzusehen, ob einzelne Teile oder Seiten den Mandanten von vornherein nicht betreffen können (vgl. im Einzelnen die Darstellung bei Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl., Teil A "Auslagen aus der Staatskasse" Rn 206 m.w.N. zur Rspr.).
Der Ermessenspielraum des Rechtsanwalts gestattet es, bei der Auswahl der abzulichtenden Seiten nicht jede Seite vollständig lesen und auf die Notwendigkeit überprüfen zu müssen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der Akteneinsicht meist nicht abschließend beurteilt werden kann, ob zunächst als unwichtig angesehene Seiten im weiteren Verfahrensverlauf nicht doch noch Bedeutung für die Verteidigung erlangen (OLG Düsseldorf StRR 2007, 199). Daher kann der Anwalt im Rahmen seines Ermessens durchaus auch Kopien fertigen, denen zunächst nur nebensächliche Bedeutung zukommt oder auf die es im Laufe der Angelegenheit möglicherweise überhaupt nicht ankommen wird (Burhoff/Volpert, a.a.O., Teil A "Auslagen aus der Staatskasse" Rn 207).
Dies kann aber dann nicht uneingeschränkt gelten, wenn dem Verteidiger die gesamten Akten als CDs überlassen werden, zumal er immer in der Kanzlei unstreitig die Möglichkeit hat, eventuell weiter benötigte Aktenbestandteile noch nachträglich auszudrucken. Hier wird eher ein engerer Maßstab anzulegen sein. Demgemäß ist es dem Verteidiger zuzumuten, sich zunächst anhand der überlassenen CDs in den Sachverhalt einzuarbeiten und erst auf dieser Grundlage zu entscheiden, welche (zentralen) Aktenbestandteile für die weitere Verteidigung auc...