GKG §§ 39, 43; ZPO § 767
Leitsatz
- Der Wert einer Vollstreckungsabwehrklage bemisst sich nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung. Ein mit der Vollstreckungsabwehrklage verbundener Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erhöht diesen Streitwert nicht.
- Vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten, die nicht zur Abwehr der Zwangsvollstreckung, sondern zur Durchsetzung gegenläufiger Ansprüche aus dem Vollstreckungstitel (Prozessvergleich) entstanden sind, sind keine Nebenforderung zur Vollstreckungsabwehrklage, sondern eine den Streitwert erhöhende selbstständige Hauptforderung.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.1.2018 – 12 W 37/17
1 Sachverhalt
Der Kläger hatte gegen die Beklagte Vollstreckungsabwehrklage erhoben, um die Zwangsvollstreckung aus einem durch Gerichtsbeschluss festgestellten Vergleich für unzulässig erklären zu lassen. In diesem Vergleich hatte er sich zur Zahlung von 30.000,00 EUR verpflichtet, von denen er 10.000,00 EUR zahlte. Den Restbetrag von 20.000,00 EUR behielt er unter Berufung auf ein ihm zustehendes Zurückbehaltungsrecht zurück. Dies begründete er damit, dass die Beklagte ihrerseits im Vergleich zugesicherte Maßnahmen in entscheidenden Teilen nicht erfüllt habe. Daraufhin lei tete die Beklagte die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der ausstehenden 20.000,00 EUR ein.
Hiergegen hat sich die Vollstreckungsabwehrklage gerichtet, die der Kläger mit den Anträgen verbunden hatte, die Vollstreckung bis zum Erlass eines Urteils einstweilen einzustellen (Antrag Ziff. IV) und die Beklagte zur Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten zu verurteilen (Antrag Ziff. V). Nach einem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG hat der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und (weiterhin) Klageabweisung beantragt. Das LG hat mit Urt. v. 30.8.2017 den Rechtsstreit entschieden und den Gebührenstreitwert mit Beschl. v. gleichen Tage auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Mit ihrer Beschwerde erstreben die Beklagtenvertreter eine Festsetzung des Streitwerts auf insgesamt 25.171,67 EUR. Zur Begründung führen sie an, dass der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung (Antrag Ziff. IV) zusätzlich mit 4.000,00 EUR und der Zahlungsantrag Ziff. V, der keine Nebenforderung betreffe, mit weiteren 1.171,67 EUR zu bewerten sei. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist zulässig; insbesondere wird der Beschwerdewert gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG erreicht. In der Sache hat sie jedoch im Wesentlichen keinen Erfolg.
1. Für die Zeit bis zur Erledigungserklärung des Klägers ist der Wert auf 21.171,67 EUR anzuheben.
a) Das LG hat den Streitwert des Klageantrags Ziff. I zutreffend mit 20.000,00 EUR bewertet, wogegen sich die Beschwerde zu Recht nicht wendet.
Der Wert einer Vollstreckungsabwehrklage bemisst sich nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung. In diesem Umfang entscheidet der Wert des zu vollstreckenden Anspruchs einschließlich etwaiger Rückstände ohne Zinsen und Kosten des Vorprozesses. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die titulierte Forderung in Wahrheit ganz oder teilweise getilgt ist, außer wenn sich aus den Anträgen oder der Klagebegründung ergibt, dass die Zwangsvollstreckung wegen eines Teil- oder Restbetrags für unzulässig erklärt werden soll; dann ist dieser Betrag zugrunde zu legen (BGH, Beschl. v. 9.2.2006 – IX ZB 310/04, NJW-RR 2006, 1146 [juris Rn 9]).
In § 3 des im Verfahren 3 O 218/16 durch Beschluss des LG festgestellten Vergleichs wurde zugunsten der Beklagten ein Zahlungsanspruch von 30.000,00 EUR tituliert. Ausweislich der Klageschrift hat sich der Kläger aber nur gegen die Vollstreckung eines Teilbetrags des zu vollstreckenden Anspruchs (ohne Kosten und Zinsen) von 20.000,00 EUR gewandt, so dass dieser geringere Betrag maßgebend ist.
b) Dieser Wert erhöht sich gem. § 39 Abs. 1 GKG um den Betrag der in Klageantrag Ziff. V geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1.171,67 EUR. Die Beschwerde rügt insoweit zu Recht, dass es sich hierbei nicht um eine unbeachtliche Nebenforderung i.S.v. § 43 Abs. 1 GKG, sondern eine selbstständige Hauptforderung handelt.
Nebenforderung ist eine solche Forderung, die vom Hauptanspruch rechtlich abhängig ist (Hartmann, KostG 45. Aufl. § 43 GKG Rn 3 m.w.N.). Der Kläger wendet sich in der Hauptsache gegen die Vollstreckung der durch den genannten Vergleich titulierten Forderung der Beklagten. Demgegenüber hat der Kläger sein Kostenerstattungsbegehren damit begründet, dass die Beklagte eine "fehlerhafte Dienstbarkeit" abgegeben und sich damit vertragswidrig verhalten habe. Die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers beruhte damit auf der Durchsetzung von Ansprüchen, die er aus dem Vergleich ableitete, nicht aber auf der Abwehr der Zwangsvollstreckung durch die Beklagte. Unter Umständen wur...