ZPO §§ 91 Abs. 1, 103 RPflG § 21 Nr. 1 BGB §§ 242, 226
Leitsatz
Bei der im Kostenfestsetzungsverfahren erhobenen Einwendung, dass ein Verfahren missbräuchlich in mehrere aufgespalten worden ist, geht es nicht um die dem Rechtspfleger übertragene Aufgabe, eine konkrete Kostengrundentscheidung auszufüllen, sondern um die Kürzung von Erstattungsansprüchen aufgrund umfangreicher materiell-rechtlicher Erwägungen. Eine solche Prüfung übersteigt die Entscheidungsmacht und die Entscheidungsmöglichkeit des Rechtspflegers und gehört in die Kompetenz des Prozessrichters.
KG, Beschl. v. 7.9.2011 – 2 W 123/10
1 Sachverhalt
Der Antragsteller nahm die Antragsgegnerin auf Unterlassung einer Wortberichterstattung im Wege einstweiliger Verfügung in Anspruch. Mit Beschl. v. 11.2.2010 gab das LG dem Antrag statt und erlegte der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR auf. In vier weiteren Verfahren erwirkten die ebenfalls von der Berichterstattung betroffenen weiteren vier Familienmitglieder des Antragstellers gleichlautende Untersagungsverfügungen.
Auf den Antrag des Antragstellers hat die Rechtspflegerin beim LG die zu erstattenden Kosten auf 784,03 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie geltend macht, dass die Verfolgung der Unterlassungsansprüche der fünf Familienmitglieder in fünf getrennten Verfahren rechtsmissbräuchlich und die hierdurch verursachten Mehrkosten nicht notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO seien, so dass die Antragsteller insgesamt sich so behandeln lassen müssten, als hätten sie gemeinsam das Verfahren durchgeführt. In diesem Fall wären Kosten insgesamt nach einem Gegenstandswert von 50.000,00 EUR und somit in Höhe von 1.650,35 EUR entstanden. Nachdem die Antragsgegnerin in einem Verfahren bereits einen Betrag von 784,03 EUR und in einem weiteren Verfahren weitere 783,33 EUR beglichen habe, könne im vorliegenden Verfahren lediglich noch der Differenzbetrag zu den bei gemeinsamer Rechtsverfolgung entstandenen Kosten in Höhe von 82,99 EUR festgesetzt werden.
2 Aus den Gründen
In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg und war daher zurückzuweisen, da die von der Antragsgegnerin erhobenen Einwendungen in dem vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren unbeachtlich sind.
Die Antragsgegnerin stützt ihren Einwand, der Antragsteller und die Mitglieder seiner Familie hätten ihre Unterlassungsansprüche in einem Verfahren verfolgen können und müssen, unter anderem auf die Rspr. des BGH. Dieser hat in seiner Entscheidung v. 2.5.2007 (XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 [= AGS 2007, 541]) hierzu unter anderem ausgeführt:
"Jede Prozesspartei ist verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt (...). Diese Verpflichtung folgt aus dem Prozessrechtsverhältnis (...)."
Sie beherrscht als Ausfluss von Treu und Glauben das gesamte Kostenrecht. So wäre es etwa rechtsmissbräuchlich, eine Forderung ohne sachlichen Grund in mehrere Teilbeträge aufzuspalten und in gesonderten Prozessen geltend zu machen.“
Dem folgt der Senat. Die hier zu entscheidende Frage ist aber, ob der Einwand der rechtsmissbräuchlichen Rechtsverfolgung in mehreren Verfahren im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht und vom Rechtspfleger in der Sache überprüft werden kann. Nach Auffassung des Senates würde dies der Systematik der Kostenfestsetzung widersprechen und die Kompetenz des Rechtspflegers überschreiten.
Das Kostenfestsetzungsverfahren ist ein zwar selbstständiges, aber sich an das Ausgangsverfahren anschließendes Verfahren, das lediglich dazu dient, die vom Prozessgericht nach den Vorschriften der jeweiligen Prozessordnung getroffene Kostengrundentscheidung (im Zivilprozess vor allem nach den §§ 91 ff. ZPO) der Höhe nach auszufüllen. Der Kostenerstattungsanspruch ist mit der Kostengrundentscheidung bereits dem Grunde nach zuerkannt. Jegliches Verteidigungsvorbringen gegen den Grund des Anspruchs findet daher in der Kostenfestsetzung keine Berücksichtigung (von Eicken u.a., Das Kostenfestsetzungsverfahren, 20. Aufl., A 23; Hansens, RVGreport, 2008, 195). Das Kostenfestsetzungsverfahren ist auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und die Beurteilung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und deshalb dem Rechtspfleger übertragen worden. Die Entscheidung zwischen den Parteien streitiger Tatsachen und komplizierter Rechtsfragen ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich (BGH, Beschl. v. 23.3.2006 – V ZB 189/05, Rpfleger 2006, 439 [= AGS 2007, 219]). Lediglich für den Fall, dass im Kostenfestsetzungsverfahren materiell-rechtliche Einwendungen erhoben werden, mit denen nicht die Entstehung des Anspruches in Zweifel gezogen wird, sondern nachträglich eingetretene Umstände (Erlass, Verzicht, Zahlung, Aufrechnung, gegenteilige ...