RVG VV Nr. 3309 FGO §§ 152, 151 Abs. 1 S. 1 ZPO §§ 91 Abs. 1 S. 1, 788
Leitsatz
Die Kosten (hier: Vollstreckungsgebühr nach Nr. 3309 VV) für ein außergerichtliches Schreiben des Prozessbevollmächtigten (Rechtsanwalt) an das Finanzamt nach Kostenfestsetzung durch das FG, mit dem das Finanzamt aufgefordert wird, die festgesetzten Kosten nebst Zinsen "vor Einleitung einer förmlichen Vollstreckung gem. § 152 FGO" binnen einer Frist zu zahlen, sind nicht erstattungsfähig, weil ein solches Aufforderungsschreiben nicht notwendig i.S.d. § 151 Abs. 1 S. 1 FGO i.V.m. den §§ 788 Abs. 1, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ist.
FG Düsseldorf, Beschl. v. 13.11.2012 – 4 Ko 4085/12 KF
1 Sachverhalt
Nach Erledigung der Hauptsache legte das Gericht dem Finanzamt die Kosten des Verfahrens auf. Daraufhin ließ die Erinnerungsführerin die dem Finanzamt zu erstattenden Kosten auf 1.982,60 EUR festsetzen. Der Beschluss wurde dem Finanzamt ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 27.7.2012 zugestellt.
Mit Schreiben v. 15.8.2012 forderte die Erinnerungsführerin das Finanzamt durch ihre Prozessbevollmächtigten auf, die festgesetzten Kosten nebst Zinsen "vor Einleitung einer förmlichen Vollstreckung gem. § 152 FGO" binnen einer Frist von einem Monat zu zahlen. Das Finanzamt wies daraufhin den festgesetzten Kostenbetrag nebst Zinsen am 20.8.2012 zur Zahlung an die Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin an.
Die Erinnerungsführerin beantragte daraufhin die Festsetzung einer Vollstreckungsgebühr nach Nr. 3309 VV nebst Postentgeltpauschale und Zinsen festzusetzen. Dies lehnte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ab, weil ein Vollstreckungsverfahren bei Gericht nicht durchgeführt worden sei. Gebühren für die Vermeidung eines Vollstreckungsverfahrens seien nicht erstattungsfähig.
Hiergegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit ihrer Erinnerung. Sie trägt vor: Bei den geltend gemachten Kosten handele es sich um solche eines Vollstreckungsverfahrens und nicht um solche zur Vermeidung eines Vollstreckungsverfahrens. Eine Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung gehöre als vorbereitende Maßnahme zum Vollstreckungsverfahren.
Die Erinnerung hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die nach § 149 Abs. 2 S. 1 FGO zulässige Erinnerung ist unbegründet. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat den Antrag auf Festsetzung weiterer Kosten von 47,88 EUR zu Recht abgelehnt.
Im Streitfall kann dahinstehen, ob vorbereitende Maßnahmen wie ein anwaltliches Mahnschreiben bereits die Vollstreckungsgebühr nach Nr. 3309 VV auslösen können. Die von der Erinnerungsführerin geltend gemachten Kosten sind jedenfalls deshalb nicht erstattungsfähig, weil das Aufforderungsschreiben ihrer Prozessbevollmächtigten v. 15.8.2012 nicht notwendig i.S.d. § 151 Abs. 1 S. 1 FGO i.V.m. den §§ 788 Abs. 1, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO war.
Die Notwendigkeit von Vollstreckungshandlungen, die Kosten für den Schuldner auslösen, bestimmt sich nach dem Standpunkt des Gläubigers zum Zeitpunkt ihrer Vornahme. Wesentlich dabei ist, ob der Gläubiger bei verständiger Würdigung der Sachlage die Maßnahme zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte, wobei dem Schuldner eine nach den jeweiligen Umständen angemessene Frist zur freiwilligen Leistung einzuräumen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18.7.2003 – IXa ZB 146/03, NJW-RR 2003, 1581).
Dahinstehen kann im Streitfall, ob dem Erinnerungsgegner eine angemessene Frist zur freiwilligen Erfüllung der Forderung eingeräumt worden war, bevor die Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin die Zahlungsaufforderung v. 15.8.2012 abgesandt haben. Das Aufforderungsschreiben war jedenfalls deshalb nicht notwendig, weil dieses außergerichtliche Schreiben nicht geeignet war, die Vollstreckung vorzubereiten (vgl. auch FG Münster, Beschl. v. 31.5.2006 – 5 Ko 699/06 KFB, EFG 2006, 1449). Soll wegen einer Geldforderung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss i.S.d. § 151 Abs. 2 Nr. 3 FGO gegen eine der in § 151 Abs. 1 S. 1 FGO genannten Körperschaften vollstreckt werden, hat der Gläubiger gem. § 152 Abs. 1 S. 1 FGO beim FG als Vollstreckungsgericht (§ 151 Abs. 1 S. 2 FGO) die Vollstreckung zu beantragen. Das Gericht hat vor Erlass der Vollstreckungsverfügung die Behörde oder bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, gegen die vollstreckt werden soll, die gesetzlichen Vertreter von der beabsichtigten Vollstreckung zu benachrichtigen mit der Aufforderung, die Vollstreckung innerhalb einer vom Gericht zu bemessenden Frist abzuwenden (§ 152 Abs. 2 S. 1 FGO). Einer Ankündigung der Zwangsvollstreckung durch den Gläubiger wie nach § 882a Abs. 1 S. 1 ZPO bedarf es im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nach § 152 FGO nicht (vgl. FG Münster EFG 2006, 1449).
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist unzutreffend und lässt sich nur mit fiskalischen Interessen erklären.
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG zählt zur Zwangsvollstreckung auch deren Vorbereitung. Es gilt auch hier Vorbem. 3 Abs. 2 VV: Die Verfahrensgebühr entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Mit dem Auftra...