ARB 94 § 5 Abs. 3 Buchst. b)
Leitsatz
Ein für das Eingreifen von § 5 Abs. 3 Buchst. b) ARB 94 erforderliches Kostenzugeständnis des Versicherungsnehmers liegt nicht vor, wenn im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung Kostenaufhebung vereinbart wird und ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner nicht bestand (Fortführung von Senatsurt. v. 25.5.2011 – IV ZR 59/09).
BGH, Urt. v. 19.12.2012 – IV ZR 213/11
1 Sachverhalt
Die Klägerin begehrt die Rückzahlung eines Teils einer von ihr erbrachten Versicherungsleistung.
Die Beklagte unterhält bei der Klägerin eine Rechtsschutzversicherung, der die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 94) zugrunde liegen. Darin heißt es in § 5 Abs. 3 Buchst. b):
"Der Versicherer trägt nicht Kosten, die im Zusammenhang mit einer einverständlichen Erledigung entstanden sind, soweit sie nicht dem Verhältnis des vom Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist."
Die Klägerin erteilte der Beklagten eine Deckungszusage "für das Verfahren in I. Instanz" zur Durchsetzung eines Anspruchs gegen eine Bausparkasse auf Auszahlung eines Bauspardarlehens von 28.000,00 EUR.
Der von der Beklagten mit der Geltendmachung dieses Anspruchs beauftragte Rechtsanwalt erreichte als einvernehmliche Lösung noch vor einer Klageerhebung die Auszahlung eines so genannten Zwischendarlehens von 18.000,00 EUR. Für seine Tätigkeit berechnete er der Beklagten Gebühren in Höhe von 3.451,48 EUR; zuvor hatte die Klägerin ihm als Vorschuss bereits einen Betrag von 2.698,00 EUR gezahlt.
Sie vertritt nunmehr unter Berufung auf § 5 Abs. 3 Buchst. b) ARB die Auffassung, dass sie lediglich 37,5 % der angefallenen Rechtsanwaltsgebühren, mithin 1.294,30 EUR zu tragen habe, weil die Beklagte durch den außergerichtlichen Vergleich (ausgehend von einem Erfolg in Höhe von 17.500,00 EUR) nur mit diesem Prozentsatz unterlegen sei, und begehrt unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung die Rückzahlung des Differenzbetrages von 1.403,70 EUR.
Das AG hat der Klage bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs stattgegeben; das LG hat die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Revision der Klägerin, die die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils begehrt.
Die Revision hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass sich der geltend gemachte Anspruch nur aus § 5 Abs. 3 Buchst. b) ARB 94 ergeben könne, diese Bestimmung aber wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam sei, weil die Klausel dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer den mit ihr bezweckten weitgehenden Ausschluss eines Versicherungsschutzes angesichts ihres undeutlichen Wortlauts verschleiere.
II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
Die Klägerin hat den zurückgeforderten Betrag schon deshalb nicht ohne Rechtsgrund geleistet, weil die Voraussetzungen der Ausschlussklausel des § 5 Abs. 3 Buchst. b) ARB 94 von ihr nicht dargetan sind.
1. Allerdings erfasst die Klausel auch außergerichtliche Vergleiche. Dies ergibt sich aus ihrem Zweck, der darin besteht zu verhindern, dass der Versicherungsnehmer bei den Verhandlungen über die Einigung "unnötige" Zugeständnisse im Kostenpunkt zu Lasten des Rechtsschutzversicherers macht, um vom Gegner weitere Zugeständnisse in der Hauptsache zu erhalten (Senatsurt. v. 25.5.2011 – IV ZR 59/09, VersR 2011, 1005; v. 25.1.2006 – IV ZR 207/04, VersR 2006, 404; v. 16.6.1977 – IV ZR 97/76, VersR 1977, 809 unter I 1).
2. Sie greift aber mangels eines zweckwidrigen Kostenzugeständnisses nicht ein.
a) Risikoausschlussklauseln sind eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Danach ist für ein Eingreifen des hier in Rede stehenden Ausschlusstatbestands aus der maßgeblichen Sicht des Versicherungsnehmers jedenfalls erforderlich, dass er zu Lasten des Versicherers – ausdrücklich oder konkludent – Kostenzugeständnisse gemacht hat. Davon ist auszugehen, wenn die Kostenlast zu seinem Nachteil von der angesichts der Obsiegensquote objektiv gebotenen Kostenverteilung abweicht. Anderenfalls würde das in § 1 ARB 94 gegebene Leistungsversprechen des Versicherers, dafür zu sorgen, dass der Versicherungsnehmer seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann, und die für die Interessenwahrnehmung erforderlichen Kosten zu tragen, ausgehöhlt (Senatsurt. v. 25.5.2011 – IV ZR 59/09, VersR 2011, 1005).
b) Ein solches Kostenzugeständnis ist nicht ersichtlich.
aa) Dabei ist von einer zumindest konkludent vereinbarten Kostenaufhebung in dem Vergleich mit der Bausparkasse auszugehen. Die Beklagte selbst hat dazu vorgetragen, es sei Bestandteil der Einigung gewes...