RVG VV Nr. 3104; RVG §§ 33 Abs. 3, 56 Abs. 2 S. 3
Leitsatz
Nimmt der Verfahrensbevollmächtigte an einem Termin zur mündlichen Verhandlung tatsächlich nicht teil, kann er eine Terminsgebühr auch dann nicht beanspruchen, wenn er ungeachtet seiner Meldung seitens des Gerichts nicht zum Termin geladen wurde.
OLG Hamm, Beschl. v. 28.12.2012 – II-6 WF 83/12
1 Sachverhalt
In dem Ausgangsverfahren hatte der Kindesvater die Kindesmutter auf Regelung des Umgangs für ihren gemeinsamen Sohn in Anspruch genommen. Nachdem die Kindesmutter ihren zunächst beauftragten Anwälten das Mandat gekündigt hatte, beauftragte sie den Beteiligten zu 1) mit ihrer Vertretung. Aufgrund des Anwaltswechsels war der Beteiligte zu 1) zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht geladen worden. Der Termin fand daher ohne den Beteiligten zu 1) statt. Das Verfahren ist in diesem Termin im Wege des Vergleichs beendet worden.
Anschließend beantragte der Beteiligte u.a. eine 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV festzusetzen. Das FamG hat die Terminsgebühr abgesetzt. Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Beteiligten zu 1) hat das FamG zurückgewiesen.
Die dagegen erhobene Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Das FamG hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht die Erinnerung des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen, da eine Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV nicht angefallen ist und somit nicht festzusetzen war.
Eine Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV ist weder in direkter noch in analoger Anwendung dieser Vorschrift entstanden.
Soweit der Beteiligte zu 1) einwendet, eine Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV sei trotz der Tatsache, dass er am Termin nicht teilgenommen habe, entstanden, da er durch ein Verschulden des Gerichts nicht zum Termin geladen worden sei, kann offen bleiben, ob der Beteiligte zu 1) tatsächlich zum Termin hätte geladen werden müssen oder nicht.
Denn eine fiktive Erstattung einer Terminsgebühr für den Fall, dass ein Termin tatsächlich durchgeführt worden ist, findet nicht statt. Eine Terminsgebühr entsteht gem. Vorbem. 3 Abs. 3 VV nur bei tatsächlicher Vertretung in einem anberaumten Termin (s. auch Hartmann, KostG, 41. Aufl., 3104 VV Rn 4). Erscheint der Verfahrensbevollmächtigte – aus welchen Gründen auch immer – zu diesem Termin nicht – hat er seinen Mandanten nicht vertreten. Die Überprüfung der Gründe, die zur Nichtvertretung geführt haben, unterliegt nicht dem Kostenverfahren. Die Überprüfung der Frage, ob der Beteiligte zu 1) vorliegend hätte zum Termin geladen werden müssen oder nicht, erfolgt daher ebenfalls nicht im Kostenfestsetzungsverfahren.
Soweit der Beteiligte zu 1) geltend macht, die Terminsgebühr sei nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104 VV entstanden, ist ihm entgegen zu halten, dass die Entstehung der Terminsgebühr nach deren Vorschrift davon abhängig ist, dass in dem zugrunde liegenden Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist in einem Sorgerechtsverfahren jedoch gerade nicht vorgeschrieben. Eine mündliche Verhandlung ist die mit den Beteiligten grundsätzlich vorzunehmende mündliche Erörterung nicht (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., Nr. 3104 VV Rn 29 m.w.Nachw. zur Rspr.).
Diese Auffassung hat der Senat in ständiger Rspr. bereits während der Geltung des FGG vertreten (Beschl. v. 15.4.2009 – 6 WF 110/09; Beschl. v. 2.6.2009 – 6 WF 124/09 u. Beschl. v. 22.3.2010 – 6 WF 85/10). Sie entspricht auch der überwiegenden während der Geltung des FGG ergangenen Rspr. (OLG Köln AGS 2008, 593; OLG Düsseldorf AGS 2009, 114; OLG Koblenz RVGreport 2008, 350).
Der Senat sieht aufgrund der Einführung des FamFG keine Veranlassung, seine zum FGG entwickelte Rspr. zu ändern. Denn die Vorschrift des § 155 FamFG zur zeitnahen Ansetzung eines Erörterungstermins entspricht der Vorschrift des § 50e FGG. Auch der nach § 155 FamFG anzuberaumende Termin bleibt Erörterungstermin und ist keine mündliche Verhandlung (s. bereits Beschl. d. Senats v. 2.5.2011 – 6 WF 127/11 u. v. 29. 4.2011 – 6 WF 129/11).
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist richtig.
Es hat ein Termin stattgefunden. An dem hat der Anwalt jedoch nicht teilgenommen, sodass eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV nicht in Betracht kommt.
Eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV ist ebenfalls nicht angefallen. Das beruht aber nicht darauf, dass im Verfahren keine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, sondern darauf, dass das Gericht gar nicht im schriftlichen Verfahren entschieden hat, sondern aufgrund mündlicher Verhandlung. Eine Entscheidung ergeht nicht deshalb im schriftlichen Verfahren, weil der Anwalt am Termin nicht teilnimmt.
Norbert Schneider