Die Versagung der Verfahrenskostenhilfe hält einer Nachprüfung nicht stand.

Die Antragstellerin kann allein aus dem Umstand, dass dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe nicht zusteht, keinen uneingeschränkten Anspruch der Antragstellerin auf einen Verfahrenskostenvorschuss gegen ihn herleiten.

Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht (§ 1360a Abs. 4 S. 1 BGB). Dieser Anspruch ist nach seiner systematischen Stellung als Ausfluss der Unterhaltspflicht anzusehen (BGH, Urt. v. 15.5.1985 – IVb ZR 33/84, BGHZ 94, 316 = FamRZ 1985, 802, Büte in Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, 2. Aufl., § 1360a, Rn 20). Mithin ist die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten ein maßgebliches Kriterium bei der Prüfung des Vorschussanspruchs. Dabei ist auf die auch sonst gültigen Selbstbehaltssätze der Leitlinien zurückzugreifen. Soweit dabei der angemessene Selbstbehalt nach §§ 1581 S. 1, 1603 Abs. 1 BGB gewahrt bleiben muss, entspringt dieses der im Gesetz ausdrücklich geregelten Vorschusspflicht unter Ehegatten (BGH, Beschl. v. 4.8.2004 – XII ZA 6/04, FamRZ 2004, 1633 [=  AGS 2004, 397]). Der aktuelle Selbstbehalt des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin beläuft sich auf 1.100,00 EUR.

Nach den von der Antragstellerin dargelegten Einkommensverhältnissen des Antragsgegners stehen diesem monatlich rund 1.148,00 EUR zur Verfügung, was folgende Übersicht auf Basis seiner Verdienstabrechnung für Juni zeigt:

Leistungsfähigkeit Ehemann für VKV

 
Praxis-Beispiel
 
Steuerbrutto (ohne Spesen) 11.257,10
Lohnsteuer -125,98
KV -923,09
RV -1.103,21
AV -168,86
PV -109,76
1/3 des Verpflegungszuschlags 819,30
Summe 6 Monate 9.645,50
Monat 1.607,58
Pensionskasse -80,65
Summe 1.526,93
Kindesunterhalt -379,00
verbleiben für Gattenunterhalt 1.147,93
Selbstbehalt -1.100,00
frei für Verfahrenskostenvorschuss 47,93

Die Abrechnung enthält steuerfreie Verpflegungszuschläge, die wie Spesen zu behandeln sind (Hinzurechnung von 1/3 zu den sonstigen Nettoeinkünften des Antragsgegners). Mithin stehen dem Antragsgegner zur Deckung des Sonderbedarfs der Antragstellerin monatlich rund 48,00 EUR über seinem Selbstbehalt zur Verfügung.

Ist ein Ehegatte in der Lage, ohne Verletzung seines Eigenbedarfs Raten auf den Verfahrenskostenvorschuss zu leisten, steht seine mangelnde Fähigkeit, den Vorschuss in einer Summe aufzubringen, dem Anspruch nicht entgegen. Die unterhaltsrechtliche Natur und der Vergleich mit den wiederkehrenden monatlichen Unterhaltsleistungen sprechen vielmehr ausdrücklich für eine Vorschusspflicht auch in Form von Ratenzahlungen. Dem steht nicht entgegen, dass ein vorschussberechtigter Ehegatte seinerseits gegenüber seinem Verfahrensbevollmächtigten und der Staatskasse in vollem Umfang vorschusspflichtig ist. Denn diese Vorschusspflicht entfällt, wenn ihm – sei es auch nur gegen Raten – Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird (BGH a.a.O.).

Eine Inanspruchnahme des Antragsgegners wäre allerdings auch in diesem Fall ausgeschlossen, wenn dieser in ein und demselben Verfahren höhere Raten zu zahlen hätte, als gesetzlich in § 115 Abs. 2 ZPO vorgesehen ist (OLG Celle, Beschl. v. 29.7.2009 – 10 WF 222/09, FamRZ 2010, 53). Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Insoweit kann es nur auf die tatsächliche Sachlage hinsichtlich der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe ankommen, die sich hier so darstellt, dass der Antragsgegner sich nicht (mit Raten) an den Verfahrenskosten zu beteiligen hat.

Andernfalls würde entweder der um Verfahrenskostenhilfe nachsuchende Beteiligte gezwungen, auch zur Verfahrenskostenhilfeberechtigung des anderen Beteiligten vorzutragen. Hierzu ist jedoch ein Beteiligter außerstande, was sich bereits daraus ergibt, dass ein eventueller unterhaltsrechtlicher Auskunftsanspruch nicht die Wohnkosten des anderen Ehegatten oder Verwandten umfasst. Andererseits verbietet sich jede Mutmaßung über die Voraussetzungen eines möglichen Bewilligungsumfangs hinsichtlich eines Beteiligten, für den Auskünfte nicht vorliegen. Schließlich kann nur auf diesem Wege eine vollständige Überprüfung dahin gehend erfolgen, ob einander unterhaltspflichtigen Ehegatten für ein Scheidungsverfahren unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse Verfahrenskostenhilfe zusteht.

Der Verfahrenskostenhilfe begehrende Beteiligte wird durch eine solche Betrachtungsweise auch nicht unangemessen benachteiligt. Ihm kann nämlich durch die Bestimmung des Einsatzzeitpunktes für die Ratenzahlung – soweit die bisherige Nichtverfolgung eines solchen Anspruchs nicht mutwillig erscheint – gegebenenfalls noch ausreichend Raum gegeben werden, seinen aus dem Unterhaltsrecht erwachsenen Vorschussanspruch im Wege der einstweiligen Anordnung zu realisieren (vgl. dazu Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 33. Aufl., § 115, Rn 19). In diesem Verfahren mag der Unterhaltspflichtige dann gegebenenfalls einwenden...

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