Normenkette
BGB § 1360a Abs. 4; FamFG § 246 Abs. 1; ZPO § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Celle (Beschluss vom 29.07.2013; Aktenzeichen 23a F 20049/13) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Celle vom 29.7.2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das AG - Familiengericht - Celle zurückverwiesen.
Gründe
Das AG hat der Antragstellerin die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren versagt. Die Antragstellerin habe nicht dargetan, dass sie nicht über einzusetzendes Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 3 ZPO verfügt. Ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss stelle einen solchen einzusetzenden Vermögenswert dar. Nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen stehe ihrem Ehemann, dem Antragsgegner, keine Verfahrenskostenhilfe zu, was dazu führe, dass die Antragstellerin ihrerseits gegen ihn einen Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss habe.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Letztere ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Die Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das AG zur erneuten Prüfung und Entscheidung.
Die Versagung der Verfahrenskostenhilfe hält einer Nachprüfung nicht stand.
Die Antragstellerin kann allein aus dem Umstand, dass dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe nicht zusteht, keinen uneingeschränkten Anspruch der Antragstellerin auf einen Verfahrenskostenvorschuss gegen ihn herleiten.
Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht (§ 1360a Abs. 4 S. 1BGB). Dieser Anspruch ist nach seiner systematischen Stellung als Ausfluss der Unterhaltspflicht anzusehen (BGH, Urt. v. 15.5.1985 - IVb ZR 33/84 -, BGHZ 94, 316324 = FamRZ 1985, 802, Büte in Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, 2. Aufl., § 1360a Rz. 20). Mithin ist die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten ein maßgebliches Kriterium bei der Prüfung des Vorschussanspruchs. Dabei ist auf die auch sonst gültigen Selbstbehaltssätze der Leitlinien zurückzugreifen. Soweit dabei der angemessene Selbstbehalt nach §§ 1581 Satz 1, 1603 Abs. 1 BGB gewahrt bleiben muss, entspringt dieses der im Gesetz ausdrücklich geregelten Vorschusspflicht unter Ehegatten (BGH, Beschl. v. 4.8.2004 - XII ZA 6/04 -, FamRZ 2004, 1633, Tz. 14). Der aktuelle Selbstbehalt des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin beläuft sich auf 1.100 EUR.
Nach den von der Antragstellerin dargelegten Einkommensverhältnissen des Antragsgegners stehen diesem monatlich rund 1.148 EUR zur Verfügung, was folgende Übersicht auf Basis seiner Verdienstabrechnung für Juni zeigt:
Leistungsfähigkeit Ehemann für VKV
Steuerbrutto (ohne Spesen)
11.257,10
Lohnsteuer
-125,98
KV
-923,09
RV
-1.103,21
AV
-168,86
PV
-109,76
1/3 des Verpflegungszuschlags
819,30
Summe 6 Monate
9.645,50
Monat
1.607,58
Pensionskasse
-80,65
Summe
1.526,93
Kindesunterhalt
-379,00
verbleiben für Gattenunterhalt
1.147,93
Selbstbehalt
-1.100,00
frei für Verfahrenskostenvorschuss
47,93
Die Abrechnung enthält steuerfreie Verpflegungszuschläge, die wie Spesen zu behandeln sind (Hinzurechnung von 1/3 zu den sonstigen Nettoeinkünften des Antragsgegners). Mithin stehen dem Antragsgegner zur Deckung des Sonderbedarfs der Antragstellerin monatlich rund 48 EUR über seinem Selbstbehalt zur Verfügung.
Ist ein Ehegatte in der Lage, ohne Verletzung seines Eigenbedarfs Raten auf den Verfahrenskostenvorschuss zu leisten, steht seine mangelnde Fähigkeit, den Vorschuss in einer Summe aufzubringen, dem Anspruch nicht entgegen. Die unterhaltsrechtliche Natur und der Vergleich mit den wiederkehrenden monatlichen Unterhaltsleistungen sprechen vielmehr ausdrücklich für eine Vorschusspflicht auch in Form von Ratenzahlungen. Dem steht nicht entgegen, dass ein vorschussberechtigter Ehegatte seinerseits gegenüber seinem Verfahrensbevollmächtigten und der Staatskasse in vollem Umfang vorschusspflichtig ist. Denn diese Vorschusspflicht entfällt, wenn ihm - sei es auch nur gegen Raten - Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird (BGH, a.a.O., Tz. 18/19).
Eine Inanspruchnahme des Antragsgegners wäre allerdings auch in diesem Fall ausgeschlossen, wenn dieser in ein und demselben Verfahren höhere Raten zu zahlen hätte, als gesetzlich in § 115 Abs. 2 ZPO vorgesehen ist (OLG Celle, Beschl. v. 29.7.2009 - 10 WF 222/09 -, FamRZ 2010, 53, Tz. 7). Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Insoweit kann es nur auf die tatsächliche Sachlage hinsichtlich der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe ankommen, die sich hier so darstellt, dass der Antragsgegner sich nicht (mit Raten) an den Verfahrenskosten zu beteiligen hat.
Andernfalls würde entweder der um Verfahrenskostenhilfe nachsuchende Beteiligte gezwungen, auch zur Verfahrenskostenhilfeberechtigung des anderen Beteiligten vorzutragen. Hierzu ist jedoch ein Beteiligter außerstan...