FamFG § 255 FamGKG § 51 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Betreibt ein Minderjähriger nach Erhebung von Einwendungen gegen die beantragte Unterhaltsfestsetzung im sog. "vereinfachten Verfahren" seine Unterhaltsforderung gem. § 255 FamFG im streitigen Verfahren weiter, so ist als "Einreichung des Antrages" i.S.v. § 51 Abs. 1 u. 2 FamGKG die Antragstellung auf Unterhaltsfestsetzung maßgeblich, nicht erst diejenige auf Durchführung des streitigen Verfahrens.
OLG Celle, Beschl. v. 27.1.2014 – 10 UF 11/14
1 Sachverhalt
Die minderjährigen, durch das Jugendamt als Beistand vertretenen Antragstellerinnen haben im vorliegenden Verfahren den Antragsgegner als ihren Vater auf Kindesunterhalt für die Zeit ab Februar 2008 in Anspruch genommen. Dazu hatten sie zunächst am 27.4.2011 einen Antrag im sog. "Vereinfachten Verfahren" über den Unterhalt Minderjährigen gem. §§ 249 ff. FamFG gestellt. Nach form- und fristgerechter Erhebung von Einwendung des Antragsgegners zu seiner Leistungsfähigkeit und der entsprechenden Mitteilung des AG gem. § 254 FamFG haben die Antragstellerinnen mit am 19.12.2011 beim AG eingegangenem Schriftsatz mit inhaltlich unverändertem Antrag die Fortführung im Streitigen Verfahren gem. § 255 FamFG begehrt. Im Laufe des Verfahrens haben die Antragsteller für die Zeit ab Oktober 2012, in der eine weitere gleichrangige Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners entfallen ist, ihre Anträge betragsmäßig erweitert.
Mit Beschluss v. 28.11.2013 ist der Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet worden. Zugleich hat das AG den Verfahrenswert auf 2.340,00 EUR festgesetzt.
Die gegen die amtsgerichtliche Entscheidung gerichtete Beschwerde hat der Antragsgegner vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist und Eingang einer Begründung zurückgenommen.
Das OLG hat daraufhin die Kosten des Beschwerdeverfahrens gem. § 243 FamFG der Beschwerdeführerin auferlegt.
Gleichzeitig hat das OLG den Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren auf 3.368,00 EUR festgesetzt und zugleich gem. § 55 Abs. 3 Nr. 2 FamGKG auch die Wertfestsetzung des FamG für das erstinstanzliche Verfahren entsprechend abgeändert.
2 Aus den Gründen
1. Der Verfahrenswert für das vorliegende Verfahren richtet sich – da es sich um eine Unterhaltssache und eine Familienstreitsache handelte – nach § 51 Abs. 1 und 2 FamGKG. Nach § 51 Abs. 1 FamGKG ist zunächst der für die ersten zwölf Monate nach "Einreichung des Antrages" geforderte Betrag maßgeblich. Nach § 51 Abs. 2 FamGKG sind diesem Wert die bei "Einreichung des Antrages" fälligen Beträge hinzuzurechnen.
Für beide vorgenannte Teilbeträge des Verfahrenswertes kommt es maßgeblich auf den Zeitpunkt der "Einreichung des Antrages" ein. In Fällen der vorliegenden Art, in denen Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder zunächst im Vereinfachten Verfahren geltend gemacht und nach Erhebung von Einwendungen sodann gem. § 255 FamFG im Streitigen Verfahren weiterverfolgt werden, ist für diese "Einreichung des Antrages" i.S.v. § 51 Abs. 1 und 2 FamGKG auf die Antragstellung im Vereinfachten Verfahren und nicht erst auf den Antrag auf Durchführung des Streitigen Verfahrens abzustellen.
Aus § 255 FamFG ergibt sich insgesamt unmissverständlich, dass der Gesetzgeber das Streitige Verfahren als Fortsetzung des Vereinfachten Verfahrens versteht; so ist insbesondere ausdrücklich angeordnet, das das Streitige Verfahren mit Zustellung des Festsetzungsantrages als rechtshängig geworden (Abs. 2) und das Unterlassen eines binnen sechs Monaten gestellten Antrages auf Streitiges Verfahren als Rücknahme des (gegebenenfalls über eine erfolgte Teilfestsetzung hinausgehenden) Festsetzungsantrages gilt.
Zudem wäre ein anderes Verständnis mit den gesetzgeberischen Intentionen unvereinbar, einerseits Verfahren über Unterhaltsansprüche kostenmäßig zu privilegieren, andererseits mit dem Vereinfachten Verfahren die Unterhaltstitulierung noch zu erleichtern. Wollte man für die Verfahrenswertbestimmung auf die Einreichung des Antrages auf Durchführung des Streitigen Verfahrens abstellen, erhöhte sich durch die Bemühung um einen Titel im Vereinfachten Verfahren und die Erhebung von Einwendungen dort der Verfahrenswert zwingend insoweit, als laufende Unterhaltsbeträge der Zeit zwischen der Einreichung des Festsetzungsantrages und derjenigen des Antrages auf das Streitige Verfahren nunmehr zusätzliche Rückstände i.S.v. § 51 Abs. 2 FamGKG wären.
2. Im Streitfall stellen somit die für Mai 2011 bis April 2012 begehrten Beträge von (je Kind) (12 x 32,00 EUR =) 384,00 EUR laufenden Unterhalt i.S.v. § 51 Abs. 1 FamGKG dar, die für die Zeit bis einschließlich April 2011 begehrten Unterhaltsbeträge von (je Kind) 1.300,00 EUR den Rückstand i.S.v. § 51 Abs. 2 FamGKG. Damit ergibt sich (je Kind) ein Gesamtbetrag von 1.684,00 EUR.
Dass die Antragstellerinnen ab Oktober 2012, also für eine nicht mehr in den Jahreszeitraum des § 51 Abs. 1 FamGKG fallenden Zeit, einen höheren Unterhaltsbetrag begehrt haben, wirkt sich auf die Wertberechnung nicht aus. Ebenso wenig führt diese später erfolgte rein betragsmäßige Antragserweiterung da...