Soll ein inländischer Titel in einem anderen EU-Mitgliedsstaat vollstreckt werden, bedarf es aufgrund von Art. 39 Brüssel-Ia-VO keiner Vollstreckbarerklärung mehr, jedoch hat der Gläubiger nach Art. 53 Brüssel-Ia-Verordnung eine Bescheinigung vorzulegen, mit der bestätigt wird, dass die Entscheidung vollstreckbar ist. Die Bescheinigung ist unter Verwendung des Formblatts in Anhang I der Brüssel-Ia-Verordnung auszustellen. Für öffentliche Urkunden ist eine Bescheinigung nach Art. 60 Brüssel-Ia-Verordnung auszustellen. Gerichtliche Vergleiche, die in Deutschland vollstreckbar sind, werden in den anderen EU-Mitgliedsstaaten unter denselben Bedingungen wie öffentliche Urkunden vollstreckt (Art. 59 Brüssel-Ia-Verordnung).
Für die Ausstellung der Bescheinigungen nach Art. 53, 60 Brüssel-Ia-Verordnung sind die Gerichte oder Notare zuständig, denen die Erteilung der Vollstreckungsklausel des Titels obliegt (§ 1110 ZPO). Ist das Gericht zuständig, obliegt die Ausstellung dem Rechtspfleger (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 RPflG).
a) Gerichtskosten
Es findet das GKG Anwendung (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GKG). Für das Verfahren über Anträge auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 1110 ZPO fällt eine Gebühr nach Nr. 1513 GKG-KostVerz. an. Es entsteht eine Festgebühr, die stets 20,00 EUR beträgt. Die Gebühr entsteht mit Eingang des Antrags bei Gericht. Ein Wegfall oder eine Ermäßigung ist nicht vorgesehen. Der Ausgang des Verfahrens bleibt deshalb unerheblich, so dass die Gebühr auch anfällt, wenn der Antrag zurückgenommen wird oder das Gericht die Bescheinigung nicht erteilt.
Für die Kosten (Gebühr und Auslagen) haftet der Antragsteller (§ 22 Abs. 3 GKG).
Neben der Gebühr sind Zustellungskosten (vgl. § 1111 Abs. 1 S. 3 ZPO, Nr. 9002 GKG-KostVerz.) von der ersten Zustellung an in Ansatz zu bringen, da eine Festgebühr entsteht.
b) Notarkosten
Hat gem. § 1110 ZPO der Notar die Bescheinigungen nach Art. 60 Brüssel-Ia-Verordnung zu erstellen, richten sich die Kosten hierfür nach dem GNotKG (§ 1 Abs. 1 GNotKG).
Für das Verfahren entsteht eine Festgebühr nach Nr. 23805 GNotKG-KostVerz. von 20,00 EUR. Eine Ermäßigung ist nicht vorgesehen. Die Gebühr fällt daher unabhängig vom Ausgang des Verfahrens an, also auch bei Beendigung durch Antragsrücknahme oder sonst ohne Erteilung der Bescheinigungen.
Auslagen sind nach den Nrn. 32000 ff. GNotKG-KostVerz. zu erheben und fallen neben der Gebühr gesondert an. Hierzu kann insbesondere die Postentgeltpauschale der Nrn. 32004, 32005 GNotKG-KostVerz. gehören, denn eine Ausfertigung der Bescheinigung ist dem Schuldner zuzustellen (§ 1111 Abs. 1 S. 3 ZPO).
Die Kostenhaftung bestimmt sich nach § 29 Nr. 1 GNotKG, es haftet daher der Antragsteller.
c) Anwaltskosten
Die Ausstellung der Bescheinigung nach § 1110 ZPO gehört nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9a Buchst. a) RVG zum Rechtszug des Erkenntnisverfahrens, in dem der Titel geschaffen wurde. Die dort verdienten Verfahrensgebühren decken daher auch das Verfahren nach § 1110 ZPO ab. Auch die Postentgeltpauschale der Nr. 7002 VV kann nicht gesondert geltend gemacht werden.
Beispiel
In einer Zivilsache wegen Zahlung von 5.000,00 EUR ergeht nach mündlicher Verhandlung ein Urteil, das in Österreich vollstreckt werden soll. Der Anwalt beantragt daher die Erteilung einer Bestätigung nach Art. 53 Brüssel-Ia-VO. Die Bestätigung wird erteilt und dem Schuldner zugestellt.
An Gerichtskosten sind entstanden:
1. |
1,0-Verfahrensgebühr Nr. 1210 GKG-KostVerz., Wert: 5.000,00 EUR für das Erkenntnisverfahren |
438,00 EUR |
2. |
Gebühr für das Verfahren nach § 1110 ZPO, Nr. 1513 KostVerz.-GKG |
20,00 EUR |
3. |
Zustellungskosten im Verfahren nach § 1110 ZPO, Nr. 9002 GKG-KostVerz. |
3,50 EUR |
|
Gesamt |
461,50 EUR |
An Anwaltsvergütung kann geltend gemacht werden:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, Wert: 5.000,00 EUR |
393,90 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, Wert: 5.000,00 EUR |
363,60 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV (19 % aus 777,50 EUR) |
147,73 EUR |
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Gesamt |
925,23 EUR |
Das Verfahren nach § 1111 ZPO gehört gebührenrechtlich zum Erkenntnisverfahren (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9a Buchst. a) RVG), so dass keine gesonderten Gebühren und auch keine gesonderte Postentgeltpauschale anfallen.