Nicht immer hat die Mehrheit recht, in diesem Falle aber schon, weil sie zwingende Logik auf ihrer Seite hat. Mit dem 28. Zivilsenat des OLG Hamm und seinem vormaligen Vorsitzenden Fahrendorf und gegen den IX. Zivilsenat des BGH und seinen Vorsitzenden Kayser können zwei Angelegenheiten nur dieselbe oder die nicht-selbe sein; ein Drittes gibt es nicht – kluge und wahre Worte aus der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2011, s.o. III. 1. b); eine Abrechnung "nach Quote" hat in der derzeitigen deutschen Rechtsordnung keinerlei Stütze (immerhin das konstatierte auch Schneider in seiner markigen Urteilsanmerkung, s.o. IV.), so gesehen des Weiteren von zwei Landgerichtspräsidenten und ihren Kammern, einer Einzelrichterin des KG, die zuvor an den BGH abgeordnet war, und mehreren Amtsrichtern; also wohl schwerlich eine "Außenseitermeinung" des Autors, der zudem 18 von 22 Versicherern ohne Weiteres gefolgt sind, s. o. III.9.
Geradezu abwegig ist das Urteil des IX. Senats vom 8.5.2014 insoweit, als es in Rn 22 a.E. meint, der Anwalt habe "darüber zu entscheiden, ob er für [die mehreren Mandanten] zusammen oder in getrennten Vorgängen tätig werden will". Das ist natürlich nicht so. Umgekehrt hat nur der Mandant zu entscheiden, ob er seinen Anspruch in einem gemeinsam mit anderen geführten oder in einem nur für ihn allein geführten Verfahren verfolgt wissen will. Der Anwalt hat die Weisung des Mandanten dazu einzuholen und ihn zuvor entsprechend zu belehren – völlig richtig ausgeführt in Rn 18 der Entscheidung: eine gemeinsame Klageerhebung ohne Zustimmung der Mandanten dazu wäre ein völliges Unding. Aber kein Bürger ist verpflichtet, dabei mitzumachen, schon weil in der Tat reichlich personenbezogene und sehr grundlegende Informationen nicht nur (Gericht und) dem Gegner, sondern bei Streitgenossenschaft zugleich auch einer Vielzahl weiterer Personen offenzulegen sind; so wie in den hier besprochenen Ausgangsverfahren z.B. die Steuerbescheide von über 20 Jahren – eine komplette wirtschaftliche Biographie, wenn man so will – in Umzugskistenstärke vorzulegen und auszuwerten waren, um der sekundären Darlegungslast nachzukommen, dass keine "außergewöhnlich hohen" Steuervorteile erzielt worden seien; darin finden sich Dinge wie außergewöhnliche Belastungen wegen Behinderungen, Scheidungen, Unterhaltszahlungen an bedürftige Verwandte, Krankheitskosten wegen psychischer Erkrankungen und was nicht noch alles. Es kann nicht ernsthaft, nicht nur von Prominenten nicht, sondern generell nicht verlangt werden, all das einem Personenkreis gegenüber zugänglich zu machen, mit dem einen als Einziges verbindet, einmal die gleiche Anlageform gewählt zu haben! Wer das im Blick auf eine mögliche Kostensenkung in Kauf nimmt, der darf das; aber wer das nicht will, der muss das auch nicht – und gleich dreimal nicht kann es der Anwalt "für den Mandanten" entscheiden.
Gegen vereinzelte Zwischentöne in den Kommentierungen ist kurz und knapp zu konstatieren, dass es der freien Entscheidung des Rechtsuchenden überlassen bleiben muss und nicht von dem Rechtsschutzversicherer gesteuert oder vorgegeben werden kann, ob "gebündelt" oder "einzeln" geklagt wird, auch nicht über die "Hintertür" der Kostenminderungsobliegenheit, und auch nicht über die weitere einer "Belehrungspflicht" des Anwalts diesbezüglich. Denn dem Anwalt obliegt schlicht nicht die "Entscheidung" darüber, ob der Mandant eine derartige Offenlegung im Interesse einer möglichen Gerichts- und Gegnerkostensenkung hinnehmen will. Diesen Satz hat ein Richter (VROLG Schnapp) bereits in die 3. Auflage des AnwK-RVG geschrieben, und der Bearbeiter der 7. Auflage (ein Rechtspfleger) und sodann der IX. Senat haben ihn unkritisch übernommen, obwohl er dem Wesen der Anwaltstätigkeit offensichtlich widerspricht. Einem Anwalt wäre das wohl nicht passiert … Die Weisungsbefugnis des Auftraggebers ist dem Gesetz so selbstverständlich, dass sie nur ex negativo zu erschließen ist, § 665 S. 1 BGB, aber sie besteht.
Weiterhin: Obwohl der IX. Senat den Anwaltskommentar zum RVG (Schneider/Wolf) nicht weniger als sechs Mal zitiert, ignoriert er anfangs der Rn 22 seines Urteils die Kernaussage in just diesem Kommentar, nämlich den oben wiedergegebenen und nach den Gesetzestexten unbestreitbaren Befund, dass sich die Regelungsprogramme des GKG und des RVG unterscheiden – "im Grundsatz" wird ein Gleichlauf angestrebt, ja; für den Fall der "mehreren Beteiligten" aber gilt genau das bereits anerkanntermaßen nicht.
Denn dort heißt es: Der Gesetzgeber hat es hingenommen, dass Mehrarbeit wegen mehrerer beteiligter Personen [bei den Gerichtskosten] unberücksichtigt bleibt, und dann wörtlich: "Bei den Anwaltsgebühren ist der Gesetzgeber aber einen anderen Weg gegangen." Damit ist der in Rn 27 aufgestellte (und vom BGH zitierte) "Grundsatz" genau für den zu behandelnden Fall ausdrücklich – und kraft gesetzgeberischer Entscheidung – durchbrochen. Selbst dieser Kommentar-Randnummer bedient sich der BGH zwar, ohne aber ...