Leitsatz
- Im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemachte Umsatzsteuerbeträge können entgegen einer Erklärung gem. § 103 Abs. 2 S. 3 ZPO zur fehlenden Vorsteuerabzugsberechtigung nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Richtigkeit der Erklärung durch vom Antragsgegner zu erbringenden Beweis entkräftet wird oder sich eine offensichtliche Unrichtigkeit der Erklärung aus anderen, dem Gericht bekannten Umständen zweifelsfrei ergibt.
- Die Unrichtigkeit der Erklärung gem. § 103 Abs. 2 S. 3 ZPO folgt nicht bereits aus dem Umstand, dass dem Antragsteller eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.9.2016 – 10 W 250/16
1 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 S. 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Die sofortige Beschwerde beanstandet zu Recht, dass die Rechtspflegerin im Kostenfestsetzungsbeschluss die auf Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten entfallenden Umsatzsteuerbeträge nicht in die Ausgleichung einbezogen hat. Die Beklagte hat die hierfür erforderliche Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO abgegeben. Danach war die beantragte Mehrwertsteuer ohne weitere Prüfung zu erstatten (vgl. BGH NJW 2003, 1534 [= AGS 2003, 276]; Senat, 10 W 3/96, Beschl. v. 25.1.1996).
Die von der Beklagten geltend gemachten Umsatzsteuerbeträge könnten nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Richtigkeit der Erklärung durch entsprechenden, von der Klägerin zu erbringenden Beweis bereits entkräftet wäre oder sich eine offensichtliche Unrichtigkeit der Erklärung aus anderen, dem Gericht bekannten Umständen, etwa dem Inhalt der Akten, zweifelsfrei ergäbe (vgl. BGH, a.a.O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Insbesondere folgt dies nicht aus dem Umstand, dass der Beklagten eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist. Während jeder Unternehmer eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragen kann, ist nicht jeder Unternehmer auch vorsteuerabzugsberechtigt. Die Klärung einer derartigen Frage aus dem Bereich des Steuerrechts findet im Kostenfestsetzungsverfahren nicht statt. Zwar bedeutet dies für die erstattungspflichtige Partei, dass die Festsetzungsfähigkeit der von den gegnerischen Anwälten berechneten Mehrwertsteuer allein von der Erklärung des Gegners zum Vorsteuerabzug abhängig ist. Dies ist jedoch eine notwendige Folge der mit der Regelung des § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO verfolgten gesetzgeberischen Intention, eine praktikable und schnelle Abwicklung des Festsetzungsverfahrens – auch in Bezug auf die umsatzsteuerlichen Anteile der außergerichtlichen Parteikosten – zu ermöglichen (vgl. Senat, a.a.O.). Der erstattungspflichtigen Partei bleibt es bei wahrheitswidriger Verneinung der Vorsteuerabzugsberechtigung unbenommen, Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO gegen den Festsetzungsbeschluss zu erheben, soweit darin Umsatzsteueranteile Berücksichtigung gefunden haben.
AGS 3/2017, S. 146