Der Senat entscheidet wegen der grundsätzlichen Bedeutung der hier vorliegenden Frage, ob Wartezeiten bei der Terminsgebühr zu berücksichtigen sind, gem. § 33 Abs. 8 S. 1 RVG durch seine Berufsrichter.

Die Beschwerde ist zulässig. Nach § 1 Abs. 3 RVG i.d.F. ab 1.8.2013 gehen die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrundeliegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor. Aufgrund dieser Ergänzung des § 1 RVG findet die bisherige Rspr. des Senats, nach der wegen des abschließenden Normengefüges der §§ 172 ff. SGG die Beschwerde an das LSG gegen die Entscheidung des SG ausgeschlossen ist, keine Anwendung mehr (vgl. Beschl. d. Senats v. 13.5.2015 – L 5 SF 327/14 B E, juris). Die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 3 RVG) ist eingehalten, der Beschwerdewert von mehr als 200,00 EUR (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG) wird erreicht.

Die Beschwerde ist auch erfolgreich, soweit der Beschwerdeführer begehrt, die Wartezeit von 1½ Stunden bei der Bestimmung der Terminsgebühr gebührenerhöhend zu berücksichtigen. Die Gebührenfestsetzung im Beschluss des SG wird von ihm zu Recht beanstandet. Wartezeiten eines Rechtsanwalts vor einem Termin zur mündlichen Verhandlung, die die in der Ladung mitgeteilte Uhrzeit um mehr als 15 Minuten überschreiten und die allein der Sphäre des Gerichts zuzurechnen sind, wirken sich bei der Bewertung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit aus. Allerdings führt die hier zu berücksichtigende Wartezeit nicht dazu, dass der vom Beschwerdeführer gewählte Ansatz der Höchstgebühr von 380,00 EUR angemessen ist. Vielmehr ist nach billigem Ermessen die Mittelgebühr um 1/3 zu erhöhen, so dass eine Terminsgebühr von 266,67 EUR festzusetzen ist.

Ausgangspunkt für die Vergütungsfestsetzung bei Betragsrahmengebühren ist zwar grundsätzlich die Bestimmung der konkreten Gebühr durch den Rechtsanwalt. Der Gesetzgeber hat dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, um nach Möglichkeit Streit über die billige Gebühr zu vermeiden. Er hat die Gebühr nach billigem Ermessen zu bestimmen und dabei die Kriterien des § 14 RVG zu berücksichtigen. Verbindlich ist die von ihm vorgenommene Bestimmung der Gebühr allerdings nur, wenn sie tatsächlich billigem Ermessen entspricht. Das gilt auch, wenn der Rechtsanwalt einen Anspruch auf Vergütung nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von PKH geltend macht. Im Fall einer nicht verbindlichen Bestimmung der Gebühr durch den Rechtsanwalt wird die Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren bestimmt. Eine vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr ist grundsätzlich noch verbindlich, wenn sie bis zu 20 % von der Gebühr abweicht, die der Kostenbeamte und gegebenenfalls das Gericht bzw. Beschwerdegericht für angemessen halten. Dieser Ermessensspielraum verhindert, dass die Gerichte im Einzelfall bei relativ geringfügigen Überschreitungen ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens des Rechtsanwalts setzen und dabei oftmals aufwändige Überprüfungen vornehmen müssen, ob die Tätigkeit vielleicht doch in gewissem Umfang anders zu bewerten war. Die Anerkennung dieses grundsätzlichen Toleranzbereichs bedeutet freilich nicht, dass jegliche Gebührenbestimmung verbindlich wäre, wenn sie sich nur innerhalb des 20 %-Rahmens bewegt. So wird auch bei groben Irrtümern in der anwaltlichen Gebührenbestimmung oder einem sonstigen Ermessensfehlgebrauch die Bindungswirkung durchbrochen.

Vor diesem Hintergrund ist der Ansatz der Höchstgebühr ersichtlich ermessensfehlerhaft, denn er berücksichtigt nicht, dass ohne die hier grundsätzlich zu berücksichtigende Wartezeit beim Umfang der anwaltlichen Tätigkeit die Bewertung der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV durch das Sozialgericht rechtlich nicht zu beanstanden wäre. Der Senat teilt im Ergebnis die Rechtsauffassung des Sozialgerichts, dass die Verhandlungsdauer von 39 Minuten, die Schwierigkeit und die Bedeutung der Sache sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten, die im Rahmen von § 14 RVG als maßgebliche Kriterien bei der Bewertung der Terminsgebühr eine Rolle spielen, lediglich den Ansatz der Mittelgebühr rechtfertigen. Allerdings ist nach Ansicht des Senats hier auch die Dauer der Wartezeit vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung gebührenerhöhend zu berücksichtigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Verhandlung nicht nur geringfügig später als zu dem terminierten Zeitpunkt beginnt. Die Geringfügigkeitsgrenze wird bei einem Zeitraum bis zu 15 Minuten Wartezeit nicht überschritten. Eine Wartezeit von dieser Dauer ist noch als üblich und entschädigungsfrei hinnehmbar anzusehen (Beschl. d. Senats v. 13.5.2015 – L 5 SF 327/14 B E, juris). Hier lag jedoch eine Wartezeit von 1½ Stunden vor, die vom Beschwerdeführer nicht verschuldet worden war und in den Verantwortungsbereich des Gerichts fiel. Liegt eine dem Rechtsanwalt nicht zurechenbare und maßgebliche Verzögerung des Verhandlungsbeginns vor, darf diese bei der Taxierung der...

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