GKG § 63

Leitsatz

Verweist das Arbeitsgericht den Rechtsstreit an ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, so hat die – für das gesamte Verfahren maßgebende – Wertfestsetzung in gleicher Weise zu erfolgen, wie wenn die Sache von Anfang an bei dem Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit anhängig gewesen wäre.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.10.2017 – 8 W 33/17

1 Sachverhalt

Die Parteien streiten um etwaige Vergütungsansprüche des Klägers für seine Einsätze als Spieler in der X-Bundesliga.

Der Kläger machte zunächst vor dem ArbG die Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Gehalts für die Monate August 2012 bis August 2013 mit der Begründung geltend, es habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Das "branchenübliche" Bruttojahresgehalt belaufe sich in Bezug auf die Position des Klägers auf einen Betrag zwischen 20.000,00 EUR und "über 100.000,00 EUR".

Mit Beschluss erklärte das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das LG. Die von dem Kläger gegen diesen Beschluss erhobene sofortige Beschwerde wies das LAG zurück.

Mit seinem beim LG eingereichten Schriftsatz trug der Kläger ergänzend vor und beantragt in der mündlichen Verhandlung, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag i.H.v. 6.000,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen.

Nachdem das LG die Klage abgewiesen hatte, setzte es mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss den Gebührenstreitwert für "das Verfahren vor dem Arbeitsgericht auf 100.000,00 EUR" und für "das Verfahren vor dem LG auf 6.000,00 EUR" fest.

Daraufhin erhoben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten Streitwertbeschwerde, mit der sie u.a. begehrten, den Streitwert für den Zeitraum bis zum 3.11.2016 auf 100.000,00 EUR und für den sich anschließenden Zeitraum auf 6.000,00 EUR festzusetzen.

Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

2 Aus den Gründen

Das Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist als Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 S. 2 GKG i.V.m. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG zulässig.

Die Beschwerde ist begründet.

Verweist ein erstinstanzliches Gericht oder ein Rechtsmittelgericht ein Verfahren an ein erstinstanzliches Gericht desselben oder eines anderen Zweiges der Gerichtsbarkeit, ist das frühere erstinstanzliche Verfahren als Teil des Verfahrens vor dem übernehmenden Gericht zu behandeln (§ 4 Abs. 1 GKG). Nach der Verweisung ist das frühere erstinstanzliche Verfahren also als Teil des Verfahrens vor dem übernehmenden Gericht anzusehen; beide Verfahrensabschnitte bilden kostenrechtlich eine Einheit. Bei Verweisungen, bei denen sowohl für das Verfahren des verweisenden Gerichts als auch für das Verfahren des Gerichts, an das verwiesen wird, das GKG gilt, werden daher Kosten nur nach den für das übernehmende Gericht geltenden Vorschriften erhoben. Das erstinstanzliche Verfahren vor und nach der Verweisung bildet kostenrechtlich eine Einheit. Für seine gesamten Kosten gilt allein das Kostenrecht des übernehmenden Gerichts (vgl. etwa Schneider, in: Schneider/Volpert/Fölsch (Hrsg.), Gesamtes Kostenrecht, 2014, § 4, Rn 21; Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., 2014, § 4, Rn 9 f.).

Maßgebend sind damit die beim übernehmenden Gericht entstehenden Kostentatbestände des GKG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.11.1991 – 4 A 1/87, Rpfleger 1992, 132; Schneider, in: Schneider/Volpert/Fölsch (Hrsg.), Gesamtes Kostenrecht, 2014, § 4 Rn 26; a.A. wohl OLG München, Beschl. v. 14.8.2008 – 7 W 2922/07, juris). Sinn dieser Regelung ist es, dass die Partei durch die Verweisung weder besser noch schlechter stehen soll, als wenn das Gericht, an das verwiesen wurde, von Anfang an mit der Sache befasst gewesen wäre (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 26.9.2012 – 17 W 170/12, NJOZ 2013, 446, 447; Meyer, GKG/FamGKG, 14. Aufl., 2014, § 4 Rn 5).

Nach den für das übernehmende Gericht geltenden Regeln ist dabei auch der Streitwert festzusetzen (vgl. etwa Hartmann, KostG, 47. Aufl., 2017, § 4 Rn 6). Verweist also – wie hier – das Arbeitsgericht den Rechtsstreit an ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, so hat die – für das gesamte Verfahren maßgebende – Wertfestsetzung in gleicher Weise zu erfolgen, wie wenn die Sache von Anfang an bei dem Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit anhängig gewesen wäre (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 29.1.1976 – 20 W 32/76, JurBüro 1976, 369).

Als die Akten hier am 12.7.2016 beim LG Gießen eingingen, verfolgte der Kläger offensichtlich noch sein vor dem ArbG formuliertes Klagebegehren, dessen Wert das LG angesichts der Angaben auf S. 2 der Klageschrift zutreffend auf 100.000,00 EUR festgesetzt hat. Eine Beschränkung des Klageantrages erfolgte erst durch die Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2016, so dass erst für den Zeitraum ab diesem Tage ein entsprechend reduzierter Wert festzusetzen ist. Im Falle einer Klageerweiterung oder einer Beschränkung des Klageantrages ist der i.S.d. § 40 GKG maßgebliche Zeitpunkt für die Wertberechnung nämlich der Tag des Eing...

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