Die gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht lehnt eine Verdienstausfallentschädigung mit der Begründung ab, ein Arbeitnehmer erleide bei bezahltem Urlaub – anders als im Fall des unbezahlten Urlaubs, bei dem ein Verdienstausfall immer gegeben sei – keinen Verdienstausfall, weil er seinen Lohn bzw. sein Gehalt während des Urlaubs weiter erhalte. Die "Zweckentfremdung" von bezahltem und für die Erholung zum Erhalt der Arbeitskraft bestimmtem Urlaub für die Wahrnehmung eines Termins sei zwar für sich genommen ein Nachteil, der unter allgemeinen Gesichtspunkten des Schadensersatzrechts ausgleichsfähig sei. Im Rahmen der Anwendung des JVEG gehe es jedoch nicht um Schadensersatz, sondern nur um den im Gesetz besonders geregelten Ausgleich bestimmter Nachteile wegen der Heranziehung als Zeuge. Dem während seines bezahlten Urlaubs herangezogenen Zeugen könne nach der überwiegend vertretenen Auffassung lediglich eine Zeitversäumnisentschädigung nach § 20 JVEG gewährt werden. Diese Grundsätze seien gem. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO auch auf die Entschädigung von Parteien für die durch notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis anzuwenden.

2. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.

Einer Partei, die zur notwendigen Wahrnehmung von Terminen bezahlten Urlaub genommen hat, steht kein Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung nach § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO i.V.m. § 22 JVEG, sondern nur auf Zeitversäumnisentschädigung gem. § 20 JVEG zu.

a) Die Frage, ob eine erstattungsberechtigte Partei, die zur Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen bezahlten Urlaub genommen hat, Entschädigung für Verdienstausfall oder nur für Zeitversäumnis erhält, ist in Rspr. und Lit. umstritten. Während die überwiegend vertretene Ansicht nur eine Zeitversäumnisentschädigung anerkennt (vgl. OLG Düsseldorf MDR 1997, 1070 f. [= AGS 1997, 134]; OLG Stuttgart JurBüro 1992, 123 [Zeugenentschädigung]; LAG Düsseldorf JurBüro 1992, 686 u. 813; OLG Schleswig JurBüro 1991, 545 f.; OLG Hamm Rpfleger 1991, 266 f.; OLG Koblenz MDR 1986, 328 f.; KG JurBüro 1983, 738 ff.; OVG Lüneburg JurBüro 1983, 1180 f.; OLG München MDR 1981, 163; OLG München JurBüro 1973, 349 ff.; Binz/Dorndörfer/Petzold/Zimmermann, GKG etc., 2. Aufl., § 22 JVEG Rn 3; Hartmann, KostG, 38. Aufl., § 22 JVEG Rn 19 f.; Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl., § 22 Rn 22.20; Schneider, JVEG, 1. Aufl., § 22 Rn 26; Zimmermann, JVEG, 1. Aufl., § 22 Rn 6 ff.; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 91 Rn 13 "Zeitversäumnis"), hält die Gegenansicht die Gewährung einer Verdienstausfallentschädigung für gerechtfertigt (vgl. OLG Karlsruhe Die Justiz 1987, 156; OLG Celle JurBüro 1982, 107 f.; OLG Frankfurt JurBüro 1981, 1700 ff.; LG Freiburg MDR 1993, 89; AG Lübeck Rpfleger 1995, 127).

b) Zu Recht hat sich das Beschwerdegericht der erstgenannten Meinung angeschlossen.

aa) Ausgangspunkt aller weiteren Überlegungen ist der Wortlaut von § 22 JVEG. Diese Vorschrift ist auf den Anspruch einer erstattungsberechtigten Partei entsprechend anwendbar, weil die Verweisung in § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO entgegen ihrem Wortlaut nicht nur die "Zeitversäumnis" nach § 20 JVEG, sondern auch den "Verdienstausfall" nach § 22 JVEG umfasst (dazu BGH, Beschl. v. 2.12.2008 – VI ZB 63/07, MDR 2009, 230, 231 [= AGS 2009, 100]; Lappe, NJW 2006, 270, 275).

Entsprechend § 22 JVEG erhalten Parteien, "denen ein Verdienstausfall entsteht", eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst richtet und die für jede Stunde höchstens 17,00 EUR beträgt. Der Gesetzeswortlaut setzt damit einen tatsächlich entstandenen Verdienstausfall voraus, woran es im Fall des bezahlten Urlaubs fehlt, weil die Partei während dieses Zeitraums ihren Lohn bzw. ihr Gehalt ungeschmälert weiter erhält (Zimmermann, JVEG, 1. Aufl., § 22 Rn 8). Tritt ein Verdienstausfall nicht ein, kommt folglich nur eine Zeitversäumnisentschädigung nach § 20 JVEG in Betracht.

bb) Dies entspricht auch der Gesetzesbegründung zu §§ 20, 22 JVEG, die auf die früher für die Zeugenentschädigung geltenden Regelungen in § 2 ZSEG verweist (BT-Drucks 15/1971, S. 185 f.). Den Gesetzesmaterialien zu dieser Vorschrift wiederum ist zu entnehmen, dass ein Zeuge für seinen Verdienstausfall nur dann entschädigt wird, wenn er einen solchen tatsächlich erlitten hat (vgl. BT-Drucks 2/2545, S. 213; BT-Drucks 10/5113, S. 58). Auch vor der Einführung des ZSEG hat nichts anderes gegolten. Bereits in der Begründung für die bis dahin geltende Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige (nachgewiesen in: Wegner, Deutsche Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige, 8. Aufl. [1934], § 2 Rn 8, 11) wurde ausgeführt, dass die Erwerbsversäumnis bei der Bemessung der Zeugenentschädigung nur dann berücksichtigt wird, wenn sie tatsächlich angefallen ist.

cc) Es besteht kein Anlass, § 22 JVEG über dessen Wortlaut hinaus dahingehend erweiternd auszulegen, dass dieser auch dann eine Verdienstausfall...

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