In Verfahren auf Herausgabe eines Kfz-Briefs gilt Folgendes:
I. Klage auf Herausgabe
Der Wert einer Klage auf Herausgabe eines Kraftfahrzeugbriefs bestimmt sich weder nach dem Sachwert des Briefs noch nach dem vollen Wert des Fahrzeugs, sondern nach dem Interesse des Klägers an der Verfügungsgewalt über das Dokument. Dieses Interesse ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Es ist auf jeden Fall höher zu bewerten als die Kosten der Beschaffung eines neuen Briefs oder die Kosten der Kraftloserklärung.
Geht es lediglich um die Herausgabe des Briefs und ist das Fahrzeug durch den fehlenden Brief nicht in seiner Nutzung beeinträchtigt, so ist nach OLG Düsseldorf lediglich ein Bruchteil in Höhe von 1/10 des Verkehrswerts anzunehmen.
Verweigert der Besitzer des Briefs die Herausgabe unter Berufung auf sein Eigentum am Fahrzeug, so ist ein höherer Wert als 1/10 anzusetzen. Sofern keine Gefährdung der Vermögensinteressen vorliegt, ist nach OLG Düsseldorf in diesem Fall ein Wert in Höhe von 1/3 des Verkehrswertes maßgebend.
Dagegen nehmen OLG Köln, OLG Nürnberg und LG Augsburg grundsätzlich einen Betrag in Höhe des hälftigen Fahrzeugwertes an.
Die Bewertung im Ergebnis offen gelassen hat das LG Bochum, das den Streitwert mindestens mit 1/10 des Fahrzeugwertes, höchstens jedoch mit der Hälfte bewerten will.
Als Bewertungsgrundlage für den Bruchteil ist der Verkehrswert zugrunde zu legen. Bei Neufahrzeugen kommt es also auf den Listenpreis an; bei gebrauchten Fahrzeugen ist auf den Zeitwert abzustellen. Dieser Wert kann gegebenenfalls anhand der Schwacke-Liste ermittelt werden.
Denkbar ist auch, dass der Wert des Briefs höher zu bewerten ist als der Wert des Fahrzeugs, etwa dann, wenn das Fahrzeug faktisch keinen Wert mehr hat, der Brief aber für den Eigentümer von besonderer Bedeutung ist.
II. Beschwer des verurteilten Besitzers
Hinsichtlich der Beschwer des verurteilten Besitzers ist anders zu bewerten. Hier kommt es nach OLG Nürnberg nur auf den Wert des Briefs (hier 20,00 DM) an; höherwertige Pfand- oder Zurückbehaltungsrechte bleiben gem. § 6 S. 2 ZPO außer Betracht.
III. Klage- und Widerklage (Herausgabe des Fahrzeugs/Herausgabe des Briefes)
Wird auf Herausgabe des Briefs geklagt und widerklagend auf Herausgabe des Fahrzeugs oder umgekehrt, so findet nach § 45 Abs. 1 S. 3 GKG keine Wertaddition statt, da beiden Klagen derselbe Streitgegenstand i.S.d. Vorschrift zugrunde liegt. Maßgebend ist der höhere Wert. Dies ist i.d.R. der Wert der Forderung auf Herausgabe des Fahrzeugs. Fälle, in denen der Brief einen höheren Wert hat als das Fahrzeug, sind zwar denkbar, aber in der Praxis eher selten.
Unzutreffend ist es im Fall von Klage und Widerklage, für den Klageantrag auf Herausgabe des Briefs keinen Streitwert festzusetzen. Dieser Antrag hat durchaus einen eigenen Wert, der z.B. dann zum Tragen kommt, wenn danach gesonderte Gebühren anfallen (§ 36 Abs. 1 GKG). Dies gilt insbesondere für die Anwaltsgebühren, die gegebenenfalls nur aus dem Wert der Klage oder der Widerklage entstehen können.
IV. Einstweilige Verfügung
Wird die Herausgabe des Briefs im Wege der einstweiligen Verfügung verlangt, um das Fahrzeug veräußern zu können, richtet sich der Wert nach § 53 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Das OLG Saarbrücken nimmt auch hier den hälftigen Wert des Fahrzeugs an.