ZPO § 3
Leitsatz
Der Streitwert eines selbstständigen Beweisverfahrens zur Feststellung von Mängeln richtet sich nach dem objektiv erforderlichen Kostenaufwand für die Beseitigung der von den Antragstellern behaupteten Mängel.
OLG Köln, Beschl. v. 14.3.2013 – 16 W 6/13
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens gegen die Antragsgegner zur Feststellung diverser Mängel an der Außenisolierung ihres Hauses und der zur Beseitigung notwendigen Kosten beantragt. Als vorläufigen Streitwert hat die Antragstellerin 10.000,00 EUR angegeben.
Der vom LG beauftragte Sachverständige bestätigte in seinem Gutachten die in der Antragsschrift benannten Beschädigungen und bezifferte den zur Mangelbeseitigung erforderlichen Kostenaufwand auf rund 240,00 EUR brutto.
Mit ihrer Beschwerde begehren die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zu 1) begehren in Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Festsetzung eines höheren Streitwertes.
2 Aus den Gründen
Die auf Erhöhung des Streitwerts gerichtete Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zu 1) ist als im eigenen Namen eingelegt anzusehen (Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., § 32 RVG Rn 122) und als solche gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 1 ZPO statthaft. Sie ist indes unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht den Streitwert auf 240,00 EUR festgesetzt.
Nach der Rspr. des BGH, der auch der Senat folgt, ist der Streitwert des selbstständigen Beweisverfahrens mit dem vollen Hauptsachewert anzusetzen. Denn das selbstständige Beweisverfahrens ist als vorweggenommener Teil des späteren Hauptsacheverfahrens anzusehen, was sich insbesondere aus dem Verwertungsgebot des § 493 Abs. 1 ZPO deutlich ergibt (BGH, Beschl. v. 16.9.2004 – II ZB 33/04).
Dabei ist der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert weder bindend noch maßgeblich. Vielmehr hat das Gericht nach Einholung des Gutachtens den richtigen Hauptsachewert, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das materielle Interesse des Antragstellers, festzusetzen (BGH a.a.O.; Herget in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn 16 Stichwort: "Selbstständiges Beweisverfahren" m.w.Nachw.).
Ausgehend hiervon kommt es für die Bestimmung des Streitwerts in dem Fall, dass der Sachverständige alle in der Antragsschrift behaupteten Mängel bestätigt, in der Regel darauf an, welcher Kostenaufwand nach dem Gutachten zur Beseitigung der vorgetragenen Mängel erforderlich ist. Werden hingegen im Beweisverfahren keine oder nicht alle behaupteten Mängel gutachterlich bestätigt, sind für die Streitwertfestsetzung diejenigen Kosten zu schätzen, die sich ergeben hätten, wenn jene Mängel festgestellt worden wären (BGH, a.a.O; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.8.2008 – 10 W 43/08; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.3.2010 – 21 W 5/10 -; OLG Karlsruhe, Beschl. v. vom 31.5.2010 – 4 W 17/10; Herget in: Zöller a.a.O.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl., Rn 145).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das LG den Streitwert für das selbstständige Beweisverfahren zu Recht auf die im Gutachten des Sachenverständigen E angegebenen Kosten der Mängelbeseitigung von 240,00 EUR festgesetzt. Der Sachverständige E hat das Vorliegen der in der Antragsschrift behaupteten Mängel vollumfänglich bestätigt und nur abweichend von der Einschätzung der Antragstellerin geringere Mängelbeseitigungskosten ermittelt. Diese Kosten entsprechend dem materiellen Interesse der Antragstellerin und sind daher der Streitwertbemessung zugrunde zu legen. Dass nach Vorlage des Gutachtens E die Baugrube wieder gefüllt worden ist und hierdurch gegebenenfalls weitere Kosten in Ansatz zu bringen wären, ist nicht dargetan.
Mitgeteilt von RiOLG Thomas Manteufel, Köln