Unabhängig davon, dass gerichtliche Beschlüsse begrifflich nicht bestands-, sondern nur rechtskräftig bzw. -wirksam sein oder werden können, ist die Entscheidung des OLG zutreffend: Der beigeordnete Anwalt hat einen Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen, insbesondere seiner Reisekosten, insoweit er nicht eingeschränkt beigeordnet worden ist.
Eine eingeschränkte Beiordnung war durch das Gericht nicht bestimmt worden. Deshalb war der Beschluss über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe unter uneingeschränkter Beiordnung des Rechtsanwalts mit Ablauf der Rechtsmittelfrist gegen den Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss wirksam geworden. Dem Rechtsanwalt stand folgerichtig ein Anspruch auf Ersatz seiner gesamten Auslagen in dem tatsächlich entstandenen Umfang zu.
Reisekosten werden in diesem Fall gem. § 46 Abs. 1 RVG nur dann nicht oder nicht in vollem Umfang vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren. Die Anreise des uneingeschränkt beigeordneten Rechtsanwalts zu einem gerichtlichen Termin ist aber immer sachgemäß i.S.d. § 46 Abs. 1 RVG. Der Urkundsbeamte im Vergütungsfestsetzungsverfahren ist daher nicht berechtigt, die Reisekosten abzusetzen mit dem Argument, der Richter habe eingeschränkt beiordnen müssen, weil er an den Inhalt des Beschlusses, durch den die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Anwalt beigeordnet wurde, gebunden ist (§ 48 Abs. 1 RVG).
Folgende Fälle sind bei der Abrechnung der Reisekosten des beigeordneten Rechtsanwalts zu unterscheiden:
1. Hat der Anwalt seine Kanzlei am selben Ort, an dem sich das Gericht befindet, so fallen Reisekosten nicht an, weil eine Geschäftsreise i.S.d. Vorbem. 7 Abs. 2 RVG nicht vorliegt. Reisekosten können demnach auch nicht aus der Landeskasse erstattet werden.
2. Hat der Anwalt seine Kanzlei nicht an dem Ort, an dem sich das Gericht befindet, allerdings noch innerhalb des Gerichtsbezirks, können Reisekosten beansprucht werden.
Beispiel
Der Anwalt hat seine Kanzlei im 30 km vom Gericht entfernten Nachbarort, der noch zum Gerichtsbezirk gehört.
Reisekosten werden in diesem Fall immer ausgelöst, weil das Reiseziel außerhalb der Gemeinde gelegen ist, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befinden und deshalb eine Geschäftsreise i.S.d. Vorbem. 7 Abs. 2 RVG vorliegt. Eine eingeschränkte Beiordnung ist nach dem Gesetz in diesem Fall nicht zulässig. Der Anwalt erhält seine Reisekosten aus der Landeskasse erstattet. Die Beiordnung des am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts, der weder seinen Wohnsitz noch seine Kanzlei am Gerichtsort hat, darf nicht dahingehend eingeschränkt werden, dass die Beiordnung nur zu den Bedingungen eines "ortsansässigen Anwalts" erfolge.
Erfolgt contra legem eine solche Einschränkung, so ist sie innerhalb der Frist des § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO anzufechten; danach beträgt die Notfrist für die sofortige Beschwerde einen Monat.
Bleibt die falsche Einschränkung unangefochten, so entsteht die Bindungswirkung gleichermaßen mit der Folge, dass die Reisekosten aus der Landeskasse, die außerhalb der Landesgrenzen anfallen, nicht beansprucht werden können.
3. Hat der Anwalt seine Kanzlei außerhalb des Gerichtsbezirks, fallen Reisekosten immer an, da eine Geschäftsreise vorliegt (Vorbem. 7 Abs. 2 RVG). Bei insoweit zulässiger eingeschränkter Beiordnung können Reisekosten aus der Landeskasse nicht in vollem Umfang erstattet verlangt werden. Wird eine Einschränkung bei der Bewilligung dennoch nicht verfügt, dann ist dies für die Festsetzung bindend (s.o.). Eine eingeschränkte Beiordnung ist nach dem Gesetz grundsätzlich zulässig, allerdings im Einzelfall dann nicht, wenn ein Anspruch auf einen Verkehrsanwalt besteht.
Beispiel
Der Anwalt hat seine Kanzlei in Köln und wird vor dem AG München tätig.
Im Rahmen einer bewilligten Prozesskostenhilfe ist bei der Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts stets zu prüfen, ob besondere Umstände für die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwalts vorliegen. Nur wenn dies nicht der Fall ist, darf der auswärtige Rechtsanwalt "zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts" beigeordnet werden.
4. Die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts im Rahmen der PKH-/VKH-Bewilligung kann nicht (mehr) auf die "Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts", sondern nur auf die "Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts" beschränkt werden. Gegen eine insofern unzutreffende Einschränkung seiner Beiordnung ist die sofortige Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwaltes zulässig (s.o.).
Beispiel
Der Anwalt hat seine Kanzlei in Koblenz und wird vor dem AG St. Goar tätig.
Ist einem bedürftigen Beteiligten ein auswärtiger Rechtsanwalt "zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Bevollmächtigten" beigeordnet worden, kann dieser aus der Landeskasse die Fahrtkosten zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung bis zur größtmöglichen von einem im Gerichtsbezirk...