Die von der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners im eigenen Namen eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig (§ 32 Abs. 2 S. 1 RVG, §§ 57, 59 Abs. 1 FamGKG), insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt und der Beschwerdewert erreicht.

Die Beschwerde hat auch Erfolg. Das AG hat die Verfahrenswerte unzutreffend berechnet.

1. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das AG nicht den Rechtszustand bei Anhängigkeit des Verfahrens, der aber für die Bestimmung der Werte gem. § 43 Abs. 2 FamGKG bzw. § 50 Abs. 1 FamGKG maßgebend ist, zugrunde gelegt hat. Bei der Ermittlung des maßgeblichen Nettoeinkommens der Ehegatten ist auf den Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages abzustellen, vgl. § 34 S. 1 FamGKG. Dies gilt auch für die Wertbemessung der Verbundsache Versorgungsausgleich, wenngleich für den im Zwangsverbund mit der Ehescheidung stehenden Wertausgleich bei der Scheidung kein Antrag erforderlich ist, § 137 Abs. 2 S. 2 FamFG (vgl. auch OLG Nürnberg FamRZ 2011, 995).

Das AG hat dagegen offenbar die veränderten Zustände zur Zeit der mündlichen Verhandlung, jedenfalls soweit dies den Antragsgegner betrifft, erfasst. Maßgeblich bleibt jedoch immer das Einkommen bei Antragstellung. Eine im Laufe des Verfahrens eintretende Verringerung oder Erhöhung des Einkommens hat keine Auswirkung auf die Festsetzung des erstinstanzlichen Gegenstandswertes (T. Schmidt, in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, Kostenrechtl. Hinw. in Familiensachen – Teil 2 Rn 10).

2. Bei Einreichung des Scheidungsantrags ist zunächst auf Seiten des Antragsgegners noch ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit von monatlich netto 1.100,00 EUR feststellbar.

Darüber hinaus sind Einkünfte der Antragstellerin von 364,00 EUR monatlich aus dem ALG II zu berücksichtigen. Soweit insoweit umstritten ist, ob Transferleistungen, wie beispielsweise das im SGB II geregelte ALG II, Einkommen i.S.d. § 43 Abs. 2 FamGKG darstellen, vertritt der Senat in ständiger Rspr. die Auffassung, dass auch solche Sozialleistungen bei der Verfahrenswertbemessung zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2011, 1423). Daran ist auch weiterhin festzuhalten. Sinn und Zweck der gesetzlichen Verfahrenswertregelung für Ehesachen ist es, entsprechend der besseren oder schlechteren finanziellen Situation der Beteiligten, die sich in der Höhe ihres Einkommens und ihres Vermögens ausdrückt, den Verfahrenswert und danach die Höhe der Gerichts- und Anwaltsgebühren zu bemessen (vgl. BVerfGE 80, 103 ff.). Leistungen nach dem SGB II werden zwar gerade deshalb geleistet, weil die finanzielle Situation der betreffenden Person schlecht ist, sie insbesondere kein ausreichendes eigenes Einkommen erzielt. Gleichwohl beeinflussen solche Sozialleistungen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten unabhängig von der Zweckbestimmung der Leistung. Bei der Wertbemessung nach § 43 FamGKG kommt es aber allein auf das zur Verfügung stehende laufende Familieneinkommen, nicht aber auf die Frage an, aus welcher Quelle dies herrührt oder ob dieses gar aus familien- bzw. unterhaltsrechtlicher Sicht anzurechnendes Einkommen darstellt. Es kann sich um Einkommen aus einer Tätigkeit im Niedriglohnbereich handeln, das gerade dem Existenzminimum entspricht oder um einen entsprechenden Betrag aus Sozialleistungen. Deshalb stellen auch Sozialleistungen Einkommen i.S.d. § 43 Abs. 1 FamGKG dar (so auch OLG Zweibrücken FamRZ 2011, 992 m.w.Nachw.). Allein aus Billigkeitserwägungen ist davon nicht abzuweichen (so aber die Gegenansicht, vgl. OLG Hamm FamRB 2012, 149 m.w.Nachw.).

3. Damit ergibt sich folgende Rechnung:

Ehescheidung

Die Berechnung gem. § 43 Abs. 2 FamGKG ergibt Folgendes:

 
Praxis-Beispiel
 
Einkommen der Antragstellerin bei Anhängigkeit: 364,00 EUR
Einkommen des Antragsgegners bei Anhängigkeit: 1.100,00 EUR
Gesamteinkommen bei Anhängigkeit: 1.464,00 EUR
drei Monatseinkommen bei Anhängigkeit: 4.392,00 EUR

Versorgungsausgleich

Obgleich beiderseits ausschließlich Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung und dabei jeweils Entgeltpunkte und Entgeltpunkte/Ost auszugleichen sind, handelt es sich gleichwohl um für die Ermittlung des Gegenstandswertes selbstständige Anrechte. Denn diese Ost- und Westanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung sind gesondert auszugleichen, weshalb für jedes dieser Anrechte gem. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG der Verfahrenswert mit 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten anzusetzen ist (OLG Celle FamRZ 2012, 1311; OLG Thüringen FamRZ 2011, 585 [= AGS 2010, 596]; OLG Brandenburg FamRZ 2011, 1149). Damit liegen insgesamt vier auszugleichende Versorgungen im Versorgungsausgleich vor, weshalb für den Verfahrenswert der Versorgungsausgleichssache nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG wie folgt zu rechnen ist:

 
Praxis-Beispiel
 
10 % des 3-Monats-Einkommens (4.392,00 EUR): 439,20 EUR
Anzahl der auszugleichenden Versorgungen: 4
Ergebnis 1.756,80 EUR

Der so für den Versorgungsausgleich errechnete Wert ist höher als der Mindestwert von 1.000,00 EUR (§ 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG).

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