Leitsatz
Das Gericht darf die Protokollierung eines Vergleichs über nicht anhängige Gegenstände nicht ablehnen, wenn ein Zusammenhang mit dem Gegenstand des Verfahrens besteht und der Vergleich einer Gesamterledigung dient (hier Kindes- und Ehegattenunterhalt, Zugewinn, Gesamtschuldnerausgleich und Grundstücksübertragung anlässlich eines Scheidungsverfahrens). Für einen solchen Mehrwertvergleich ist auch Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
OLG Koblenz, Beschl. v. 20.2.2015 – 13 WF 144/15
1 Sachverhalt
Das FamG hat der Antragsgegnerin für das vorliegende Scheidungsverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und einen Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet. Weitere Folgesachen neben dem im Zwangsverbund stehenden Versorgungsausgleich sind nicht anhängig.
Mit Schriftsatz vom 16.12.2014 legt der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin nunmehr einen ausgearbeiteten Vergleich vor und hat das FamG um dessen Protokollierung ersucht. Der abzuschließende Vergleich beinhaltet Regelungen zum Kindes- und Ehegattenunterhalt, über einen Pkw, ein Bausparvertragsguthaben, ein Goldstück sowie eine Verzichts- bzw. Abgeltungsklausel betreffend Miet-/Nebenkosten wegen Nutzung eines Hausanwesens (Nr. 6.a), Unterhalt und Zugewinn (Nr. 6.e) sowie eine Freistellungsvereinbarung in Bezug auf etwaige Ansprüche des Vaters der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller (Nr. 6.d). Sodann schließt der Vergleich mit einer Kostenaufhebungsvereinbarung. In Bezug auf die unter Ziff. 6.a, 6.d und 6.e genannten Gegenstände bittet die Antragsgegnerin sogleich um Erweiterung der ihr für die Ehesache bewilligten Verfahrenskostenhilfe.
Das FamG hat die Anträge mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Anspruch auf Protokollierung nur in Bezug auf die Regelung eines Streitgegenstands des Verfahrens bestehe, die in dem Vergleich genannten Gegenstände aber nicht gerichtsanhängig seien. Daher liege eine Protokollierung im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, soweit die beabsichtigte Einigung im inneren Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren stehe. Da jedoch eine Ehesache keiner vergleichsweisen Regelung zugänglich sei, liege hier kein Verfahrensgegenstand vor, innerhalb dessen Regelungsumfangs eine weitergehende vergleichsweise Regelung möglich wäre. Hieran ändere auch § 48 Abs. 3 RVG nichts. Denn dessen Regelungszweck erschöpfe sich rein im Gebührenrechtlichen. Eine Protokollierung als Prozessvergleich sei hingegen dort nicht vorausgesetzt.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, mit welcher diese geltend macht, das FamG treffe eine Protokollierungspflicht. Es läge eine Ermessensreduzierung auf Null vor. Auch die ihr bewilligte Verfahrenskostenhilfe sei antragsgemäß auf den Vergleich auszudehnen.
2 Aus den Gründen
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache weitgehend Erfolg. Das FamG durfte die Protokollierung des beabsichtigten Vergleichs nicht mit den genannten Gründen ablehnen. Verfahrenskostenhilfe hätte es der Antragsgegnerin ebenfalls weit überwiegend nicht versagen dürfen.
1. Zutreffend zitiert das FamG allerdings die Rspr. des BGH, wonach ein Anspruch auf Protokollierung eines gerichtlichen Vergleichs nach § 127a BGB lediglich insoweit besteht, als die Verfahrensbeteiligten den Verfahrensgegenstand teilweise oder abschließend regeln. Soweit die Einigung darüber hinausgeht, aber noch in einem inneren Zusammenhang mit dem Verfahrensgegenstand steht, liegt es demgegenüber im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Einigung als gerichtlichen Vergleich i.S.v. § 127a BGB protokolliert (vgl. BGH MDR 2011, 1128).
Ebenfalls korrekt ist sodann, dass eine Ehescheidung nicht vergleichsweise geregelt werden kann, so dass vorliegend ein sog. reiner isolierter Mehrvergleich beabsichtigt ist. Ein Prozessvergleich i.S.d. § 127a BGB braucht das anhängige Verfahren – hier Scheidung und Versorgungsausgleich – jedoch nicht ganz oder teilweise zu beenden. Es genügt, dass er in innerem Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren steht, mithin die Entscheidung des Gerichts durch gegenseitiges Nachgeben der Parteien – auch in nur unwesentlichen Punkten – vereinfacht oder sonst erleichtert (vgl. BGHZ 84, 333). Diese Voraussetzung ist vorliegend in Bezug auf das anhängige Scheidungsverfahren erfüllt. Denn nach § 137 FamFG kann eine Ehe grundsätzlich erst dann geschieden werden, wenn anhängige Folgesachen geregelt sind. Machen die Ehegatten diese nicht anhängig, weil sie außergerichtlich deren einvernehmliche Regelung vorbereitet haben, erleichtern sie letztlich die Entscheidung des Gerichts über die anhängige Ehesache (inkl. Versorgungsausgleich). Denn das Gericht kann seine diesbezügliche Entscheidung nun früher verkünden. Die zu protokollierende Vereinbarung der Ehegatten ebnet diesen also den Weg zu einem rascheren Scheidungsausspruch (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation BGHZ 84, 333, wo mit einem Prozessvergleich den Ehegatten unabhängig von dem späteren Ausgang des Rechtsstre...