Leitsatz (amtlich)
Beabsichtigen die an einem Scheidungsverfahren beteiligten Ehegatten eine Einigung über nicht anhängige Folgesachen im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs i.S.v. § 127a BGB, kann sich das pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es eine Protokollierung vornimmt, auf Null reduzieren.
Das gilt auch für Gegenstände, die zwar keine Folgesachen i.S.v. § 137 FamFG betreffen, jedoch zumindest Familiensachen i.S.v. § 111 FamFG darstellen und für welche im Zusammenhang mit einer Scheidung ein Regelungsbedarf bestehen kann, weil diese wiederum Auswirkungen auf eine ebenfalls vergleichsweise zu regelnde Folgesache haben können.
Soweit der Vergleich Abgeltungs-/Verzichtsklauseln enthält und/oder das Bestehen etwaiger Ausgleichsansprüche bzw. deren Realisierbarkeit angesichts der Vermögensverhältnisse eher bescheiden erscheinen, vermag dies regelmäßig nicht zur Ablehnung der Protokollierung zu führen. Vielmehr ist dieser Umstand bei der Festsetzung des Verfahrenswerts (Vergleichswert) zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB § 127a; FamFG §§ 111, 137; ZPO § 160 Abs. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Mayen (Beschluss vom 19.01.2015) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Mayen vom 19.1.2015 wird dieser Beschluss insoweit aufgehoben, als darin die Protokollierung des mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 16.12.2014 mitgeteilten Vergleichs abgelehnt wird. Das Familiengericht wird angewiesen, die Protokollierung dieses Vergleichs nicht aus den in seinem Beschluss vom 19.1.2015 genannten Gründen abzulehnen.
2. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Mayen vom 19.1.2015 wird dieser Beschluss darüber hinaus insoweit aufgehoben, als darin die Erstreckung der für die Ehesache bewilligten Verfahrenskostenhilfe auf den abzuschließenden Mehrvergleich in Bezug auf dessen Ziff. 6. a. und 6. d. versagt wurde. Das weiter gehende Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
3. Soweit der Beschluss des AG - Familiengericht - Mayen vom 19.1.2015 aufgehoben wurde, wird die Sache dem Familiengericht zur erneuten Entscheidung zurückgegeben.
4. Die Gebühr nach KV 1912 FamGKG wird nicht erhoben.
Gründe
I. Das Familiengericht hat der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 3.7.2014 für das vorliegende Scheidungsverfahren ratenlose Verfahrenskostenhilfe bewilligt und einen Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet. Weitere Folgesachen neben dem im Zwangsverbund stehenden Versorgungsausgleich sind nicht anhängig.
Mit Schriftsatz vom 16.12.2014 legt der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin nunmehr einen ausgearbeiteten Vergleich vor und hat das Familiengericht um dessen Protokollierung ersucht. Der abzuschließende Vergleich beinhaltet Regelungen zum Kindes- und Ehegattenunterhalt, über einen Pkw VW Touran, ein Bausparvertragsguthaben, ein Goldstück sowie eine Verzichts- bzw. Abgeltungsklausel betreffend Miet-/Nebenkosten wegen Nutzung eines Hausanwesens (Ziff. 6. a), Unterhalt und Zugewinn (Ziff. 6. e) sowie eine Freistellungsvereinbarung in Bezug auf etwaige Ansprüche des Vaters der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller (Ziff. 6. d.). Sodann schließt der Vergleich mit einer Kostenaufhebungsvereinbarung. In Bezug auf die unter Ziff. 6. a., 6. d. und 6. e. genannten Gegenstände bittet die Antragsgegnerin sogleich um Erweiterung der ihr für die Ehesache bewilligten Verfahrenskostenhilfe.
Das Familiengericht hat die Anträge mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Anspruch auf Protokollierung nur in Bezug auf die Regelung eines Streitgegenstands des Verfahrens bestehe, die in dem Vergleich genannten Gegenstände aber nicht gerichtsanhängig seien. Daher liege eine Protokollierung im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, soweit die beabsichtigte Einigung im inneren Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren stehe. Da jedoch eine Ehesache keiner vergleichsweisen Regelung zugänglich sei, liege hier kein Verfahrensgegenstand vor, innerhalb dessen Regelungsumfangs eine weiter gehende vergleichsweise Regelung möglich wäre. Hieran ändere auch § 48 Abs. 3 RVG nichts. Denn dessen Regelungszweck erschöpfe sich rein im Gebührenrechtlichen. Eine Protokollierung als Prozessvergleich sei hingegen dort nicht vorausgesetzt.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, mit welcher diese geltend macht, das Familiengericht treffe eine Protokollierungspflicht. Es läge eine Ermessensreduzierung auf Null vor. Auch die ihr bewilligte Verfahrenskostenhilfe sei antragsgemäß auf den Vergleich auszudehnen.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache weitgehend Erfolg. Das Familiengericht durfte die Protokollierung des beabsichtigten Vergleichs nicht mit den genannten Gründen ablehnen. Verfahrenskostenhilfe hätte es der Antragsgegnerin ebenfalls weit überwiegend nicht versagen dürfen.
1. Zutreffend zitiert das Familiengericht allerdings die Rechtsprechung des BGH,...