Leitsatz (amtlich)
1. In den Fällen der in § 48 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 6 RVG bezeichneten Verfahrensgegenstände erstreckt sich nicht lediglich eine erfolgte Rechtsanwaltsbeiordnung auch auf einen Vergleich. Vielmehr ist damit auch automatisch eine Erweiterung der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe auf den Vergleich verbunden (im Anschluss an OLG Dresden OLGReport Dresden 1996, 249).
2. Eine Grundstücksübertragung fällt nicht unter die in § 48 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 6 RVG bezeichneten Verfahrensgegenstände. Für eine entsprechende gerichtliche Protokollierung im Rahmen einer Folgesache ist grundsätzlich auch keine Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen (im Anschluss an OLG Koblenz Beschl. v. 3.2.2014 - 7 WF 61/14).
Normenkette
FamFG § 113 Abs. 1, § 114 f., § 115; ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 1; RVG § 48 Abs. 3
Verfahrensgang
Gründe
I. Mit Beschluss des Familiengerichts ist der Antragsgegnerin für das Scheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. Seinerzeit ebenfalls anhängig im Verbund war der Versorgungsausgleich, auf welchen sich die Verfahrenskostenhilfebewilligung nach § 149 FamFG automatisch erstreckt.
Nunmehr möchten die Ehegatten eine umfängliche Vereinbarung schließen, die im Wesentlichen aus einer Grundstücksübertragung nebst Schuldübernahme und dem damit verbundenen wechselseitigen Zugewinnausgleichsverzicht beseht. Darüber hinaus sollen Ehegatten- und Kindesunterhalt geregelt sowie festgelegt werden, dass der Hausrat geteilt sei. Die Antragsgegnerin hat beantragt, die Verfahrenskostenhilfe auf diese abzuschließende Vereinbarung zu erstrecken.
Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Verfahrenskostenhilfe verweigert und mitgeteilt, dass es eine gerichtliche Protokollierung der vorgelegten Vereinbarung ablehne. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem vorliegenden Rechtsmittel. Zugleich hat sie noch Modifizierungen hinsichtlich der beabsichtigten Vereinbarung mitgeteilt, u.a. eine Freistellung der Amtsrichterin von gesetzlichen Belehrungspflichten.
II. Der Senat entscheidet zunächst über das Rechtsmittel gegen die Verweigerung der Erstreckung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe auf die abzuschließende Vereinbarung. Insoweit hat die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 567 ff. ZPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde in der Sache keinen Erfolg. Teilweise besteht für die begehrte Entscheidung kein Regelungsbedürfnis, teilweise kein Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe.
1. Soweit die beabsichtigte Vereinbarung die in § 48 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 6 RVG bezeichneten Verfahrensgegenstände betrifft, erstreckt sich die bereits erfolgte Rechtsanwaltsbeiordnung auch auf einen Vergleich.
Obwohl der ausdrückliche Wortlaut dieser Vorschrift lediglich die Beiordnung erweitert, ist nach dem Sinn und Zweck der Regelung damit auch eine Erweiterung der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe verbunden (vgl. OLG Dresden OLGReport Dresden 1996, 249 und BOK-Sommerfeldt/Sommerfeldt Stand 1.9.2014 § 48 RVG Rz. 83). Denn nur dann wird die bedürftige Partei vor einer Geltendmachung der Gebühren des eigenen Rechtsanwalts sowie entstehender Gerichtskosten geschützt, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 122 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ZPO (vgl. BOK-Sommerfeldt/Sommerfeldt, a.a.O.).
2. Soweit die beabsichtigte Vereinbarung die Grundstücksübertragung betrifft, fällt dieser Regelungsgegenstand allerdings nicht unter die in § 48 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 6 RVG bezeichneten Verfahrensgegenstände. Denn diese betreffen ausschließlich Folgesachen i.S.d. §§ 133 Abs. 1 Nr. 2, 137 FamFG. Auf Eigentumsübertragung kann weder eine Folgesache Unterhalt (§ 48 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 RVG) noch eine Folgesache Güterrecht (§ 48 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 RVG) lauten. Hier kommen lediglich auf Geldzahlung gerichtete Anträge in Betracht. Werden diese Ansprüche durch Grundstücksübertragungen "abgegolten", so dienen letztere nur der Erfüllung von möglichen Folgesachenansprüchen (vgl. OLG Koblenz Beschl. v. 3.2.2014 - 7 WF 61/14).
Unabhängig von der Frage, inwieweit Grundstücksübertragungen als Inhalt eines gerichtlichen Vergleichs im Scheidungsverbundverfahren zulässig bzw. erzwingbar sind, sind solche Beurkundungen grundsätzlich den Notaren übertragen. Das bloße Interesse der Beteiligten, durch einen gerichtlichen Vergleich i.S.d. § 127a BGB einen gegenüber der notariellen Beurkundung kostengünstigeren Weg zu wählen, führt im Falle einer erfolgten bzw. beabsichtigten Protokollierung nicht dazu, dass hierfür auch noch Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen ist und damit letztlich der Staat bzw. die Allgemeinheit für nicht notwendig mit der Verfahrensführung verbundene Kosten der Beteiligten einzustehen haben. Der Senat schließt sich deshalb dem 7. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des OLG Koblenz an. Danach haben diese mit der Erfüllung von möglichen Folgesachenansprüchen verbundenen Kosten die Beteiligten selbst zu tragen (vgl. OLG Koblenz Beschl. v. 3.2.2014 - 7 WF 61/14).
Fundstellen
Haufe-Index 7553537 |
FamRZ 2015, 785 |
MDR 2015, 284 |