Leitsatz
- Die Befugnis, sich mit der Gerichtskostenerinnerung gegen den Kostenansatz zu wehren, steht nur demjenigen zu, der in der angegriffenen Kostenrechnung als Kostenschuldner ausgewählt und in Anspruch genommen worden ist.
- Fehlt es an einer Kostengrundentscheidung, können der Musterkläger und die auf seiner Seite Beigeladenen als Antragsteller (§ 22 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 2 GKG a.F.) für die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in der Höhe in Anspruch genommen werden, die sich aus ihrem nach § 51a Abs. 2 GKG a.F. (jetzt § 51a Abs. 3 GKG) zu bemessenden persönlichen Streitwert ergibt. Ob sich im Falle einer zu ihren Lasten ausfallenden Kostengrundentscheidung als Entscheidungsschuldner (§ 29 Nr. 1 GKG a.F.) ein geringerer Betrag errechnen würde, spielt keine Rolle.
BGH, Beschl. v. 15.12.2015 – XI ZB 12/12
1 Sachverhalt
I. Mit Beschluss vom 21.10.2014 (BGHZ 203, 1) hat der Senat über die Rechtsbeschwerden des Musterklägers und weiterer Beteiligter auf Musterklägerseite sowie über die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten gegen den Musterentscheid des OLG Frankfurt am Main vom 16.5.2012 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4.7.2012 entschieden. Eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist bislang nicht ergangen. Der Senat hat den Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens für die Gerichtskosten auf 30 Mio. EUR festgesetzt. Den Gegenstandswert für die im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten des Prozessbevollmächtigten des Musterklägers, der Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 136 und der Beigetretenen B1 bis B1181 hat er in Höhe der Summe der in den jeweiligen Ausgangsverfahren verfolgten Ansprüche festgesetzt. Diese Summe beläuft sich – abweichend von dem im Beschluss vom 21.10.2014 errechneten Betrag – auf 9.242.949,23 EUR (vgl. Senatsbeschl. v. 15.12.2015 – XI ZB 12/12 zur Festsetzung des Gegenstandswertes gem. § 33 Abs. 1 RVG).
Der Kostenbeamte des BGH hat gegen den Musterkläger, die Rechtsbeschwerdeführer zu 1, 2, 4 bis 7, 9 bis 12, 14, 16, 17, 19 bis 27, 29, 31 bis 52, 54 bis 63, 65 bis 71, 73 bis 89, 91, 92, 94 bis 107, 109 bis 125, 127 bis 134 und 136 gem. Nr. 1821 GKG-KostVerz. in der maßgeblichen (§ 71 Abs. 1 S. 1 und S. 2 GKG) zum Zeitpunkt der Einlegung der Rechtsbeschwerden im Mai und Juni 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: GKG a.F.) Gerichtskosten in Höhe von 5,0 Gebühren aus dem jeweiligen persönlichen Streitwert ihrer Ausgangsverfahren angesetzt, die Gegenstand der Kostenrechnungen vom 22., 23., 24. und 27.7.2015 sind. Gegenüber dem Rechtsbeschwerdeführer zu 13, der seine Rechtsbeschwerde vor Eingang der Begründung zurückgenommen hat, ist gem. Nr. 1822 GKG-KostVerz. a.F. nur eine ermäßigte 1,0 Gebühr aus seinem persönlichen Streitwert abgerechnet worden.
Die Rechtsbeschwerdeführerinnen zu 3, 8, 15, 18, 28, 30, 53, 64, 72, 90, 93, 108, 126 und 135 haben keine Kostenrechnungen erhalten, weil sie in den Ausgangsverfahren einen Anspruch als Gesamtgläubiger mit einem der anderen Rechtsbeschwerdeführer einklagen. In der "Erläuterung des Rechnungsbetrages" der ausschließlich an den jeweils anderen rechtsbeschwerdeführenden Gesamtgläubiger gerichteten Kostenanforderung ist lediglich vermerkt, dass sie als Gesamtschuldner mithaften. Den auf Seiten des Musterklägers Beigetretenen B1 bis B1181 wurden bislang ebenfalls keine Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren in Rechnung gestellt.
Der Musterkläger, die Rechtsbeschwerdeführer auf Musterklägerseite und die dem Rechtsbeschwerdeverfahren des Musterklägers Beigetretene haben Erinnerungen gegen die Kostenansätze eingelegt. Sie sind der Ansicht, die Regelung des § 51a Abs. 2 GKG a.F., nach der der Musterkläger und die auf seiner Seite Beigeladenen Gerichtsgebühren nur nach dem Wert der jeweiligen Ausgangsverfahren schuldeten, sei nur als Obergrenze zu verstehen. Als Kontrollrechnung sei der Grad der Beteiligung am wirtschaftlichen Gesamtinteresse aller am Rechtsbeschwerdeverfahren auf Musterklägerseite Beteiligten (hier: 9.242.949,23 EUR) zu ermitteln. Sei der prozentuale Anteil an den sich aus diesem Gesamtinteresse errechnenden Gerichtskosten geringer als der sich nach § 51a Abs. 2 GKG a.F. ergebende Betrag, so sei dieser geringere Betrag anzusetzen.
Der Kostenbeamte hat den Erinnerungen nicht abgeholfen.
2 Aus den Gründen
II. Über die Erinnerungen gem. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG a.F. entscheidet beim BGH der nach § 139 Abs. 1 GVG gerichtsverfassungsrechtlich allein vorgesehene Senat (BGH, Beschl. v. 13.1.2005 – V ZR 218/04, NJW-RR 2005, 584; v. 30.5.2007 – XI ZR 229/06, juris Rn 1; v. 20.9.2007 – IX ZB 35/07, JurBüro 2008, 43 und v. 16.10.2012 – II ZB 6/09, WM 2013, 23 Rn 4). Die Neufassung des § 1 Abs. 5 GKG durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz mit Wirkung zum 1.8.2013, die für Gerichtskostenerinnerungen beim BGH die funktionelle Zuständigkeit des Einzelrichters begründet hat (BGH, Beschl. v. 23.4.2015 – I ZB 73/14, WM 2015, 1870 Rn 6 f.), findet in zeitlicher Hinsicht no...