Leitsatz
Auch der nach der Kostenentscheidung kostenerstattungsberechtigte Beklagte kann gegen eine zu hohe Streitwertfestsetzung Beschwerde einlegen.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.1.2016 – 10 W 53/15
1 Sachverhalt
Durch Urteil hatte das LG die Klage abgewiesen und die Kosten des Verfahrens dem Kläger auferlegt. Den Streitwert hat das Gericht auf 215.700,00 EUR festgesetzt.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Beklagte eine Herabsetzung des Streitwertes. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen, weil sie mangels Beschwer unzulässig sei; die Beklagte sei nicht beschwert, da die Kosten des Verfahrens dem Kläger auferlegt worden seien.
Das OLG hat die Beschwerde als zulässig angesehen.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist nach § 68 Abs. 1 S. 1 GKG statthaft und auch sonst zulässig. Entgegen der Ansicht des Nichtabhilfebeschlusses fehlt es nicht an der Beschwer der Beklagten. Die Beklagte hat zwar nach der erstinstanzlichen Kostenentscheidung nicht die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Sie ist jedoch gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten aus dem Anwaltsvertrag vergütungspflichtig. Da sich die geschuldeten Gebühren nach dem Streitwert richten und der für die Gerichtsgebühren gerichtlich festgesetzte Wert auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist (§ 32 Abs. 1 RVG), ist die Beklagte durch eine zu hohe Streitwertfestsetzung beschwert. Dass die Beklagte gegenüber dem Kläger nach der erstinstanzlichen – nicht rechtskräftigen – Kostenentscheidung einen Kostenerstattungsanspruch hat, beseitigt ihre Beschwer nicht.
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend. Eventuelle Kostenerstattungsansprüche gegen Dritte haben bei der Berechnung der Beschwer unberücksichtigt zu bleiben. Dies gilt schon deshalb, weil im Vorhinein nicht feststeht, ob sich der Kostenerstattungsanspruch realisieren lässt oder ob die Partei am Ende nicht auf ihren Anwaltskosten sitzen bleibt.
Ebenso bleibt ein eventueller Anspruch gegen den eigenen Rechtsschutzversicherer unberücksichtigt.
Lediglich im umgekehrten Fall kann der Kostenerstattungsanspruch Einfluss auf die Höhe des Beschwerdegegenstands haben, nämlich wenn die beschwerdeführende Partei die Kosten des Rechtsstreits ganz oder teilweise übernehmen muss. Dann ist bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstands auch die Kostenerstattungspflicht gegenüber Dritten und die Zahlungspflicht gegenüber der Landeskasse zu berücksichtigen.
Norbert Schneider
AGS 4/2016, S. 194 - 195