Leitsatz
Für ein Verfahren auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kann Verfahrenskostenhilfe nur für die Einigungsgebühr bewilligt werden.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.4.2015 – 18 WF 218/14
1 Sachverhalt
Die Antragsgegnerin begehrt Verfahrenskostenhilfe für ein Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren in einer Unterhaltssache.
Der Antragsteller beantragte beim FamG die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Abänderung eines vor dem FamG geschlossenen Vergleichs betreffend Kindesunterhalt.
Nachdem die Antragsgegnerin den geltend gemachten Abänderungsantrag anerkannt hatte, unterbreitete das FamG einen Vergleichsvorschlag "im VKH-Verfahrensstadium" gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO. Nach Zustimmung der Beteiligten stellte das FamG das Zustandekommen des Vergleichs fest.
Hiernach bewilligte das FamG der Antragsgegnerin Verfahrenskostenhilfe für den abgeschlossenen Vergleich.
Gegen diesen, ihr formlos übermittelten Beschluss hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass Verfahrenskostenhilfe für das ganze vorausgegangene Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren zu bewilligen sei und nimmt Bezug auf Nr. 20 der Vorbemerkung zur Richtlinie 2002/8/EG des Rates vom 27.1.2003.
Das FamG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Für das Verfahrenskostenhilfeprüfverfahren selbst darf grundsätzlich keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden (BGH FamRZ 2004, 1708, juris Rn 6 ff. [= AGS 2004, 292]; BGH NJW 2010, 3101, juris Rn 3; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 114 Rn 3; Musielak/Fischer, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 118 Rn 6; MüKo/Motzer, ZPO, 4. Aufl. 2013, § 114 Rn 33). Dieser Grundsatz ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (s. ausdrücklich BVerfG NJW 2012, 3293, juris Rn 12).
Schließen die Beteiligten im Verfahrenskostenhilfeprüfverfahren einen Vergleich – sei es im Erörterungstermin nach § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO oder wie hier durch die Annahme eines gerichtlichen Vergleichsvorschlags gem. § 278 Abs. 6 ZPO – wird somit für diesen Vergleich Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet. Die Bewilligung umfasst jedoch nur den Vergleichsabschluss selbst und nicht das gesamte Prozesskostenhilfeverfahren (BGH FamRZ 2004, 1708, juris Rn 9 [= AGS 2004, 292]; OLG Brandenburg v. 15.1.2013 – 3 WF 1/13, juris Rn 3; OLG Frankfurt/M. MDR 2012, 869, juris Rn 8 [= AGS 2012, 139]; OLG Celle FamRZ 2011, 835, juris Rn 12 [= AGS 2011, 551]; OLG München FamRZ 2010, 143, juris Rn 8; MüKo/Motzer, a.a.O., § 114 Rn 34; zur Verfassungsmäßigkeit s. BVerfG NJW 2012, 3293, juris Rn 13).
Etwas anderes folgt nicht aus der Richtlinie 2002/8/EG des Rates vom 27.1.2003, die vor Erlass der höchstrichterlichen Entscheidungen des BGH und des BVerfG zur vorliegenden Frage in Kraft getreten ist.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin neben der ihr zustehenden 1,0 Einigungsgebühr (Nr. 1000, 1003 VV) zu Unrecht auch eine 1,0 Verfahrensgebühr (Nr. 3100, 3335 VV) erhalten hat.
Eine Kostenentscheidung ist gem. § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.
In Hinblick auf die Entscheidungen des BVerfG vom 2.7.2012 (2 BvR 2377/10, NJW 2012, 3293) sowie des BGH vom 8.6.2004 (VI ZB 49/03, FamRZ 2004, 1708) sowie den klar bestimmten, hier nicht einschlägigen Anwendungsbereich der Richtlinie 2002/8/EG auf grenzüberschreitende Zivilsachen, war weder die Übertragung auf den Senat gem. § 568 S. 2 ZPO noch die beantragte Zulassung der Rechtsbeschwerde geboten, § 574 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 ZPO.
AGS 4/2016, S. 196