RVG § 33 Abs. 3 S. 1; BetrVG §§ 99 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4, 100 Abs. 2 S. 3
Leitsatz
- Eine Gegenstandswertbeschwerde ohne Antrag ist unzulässig.
- Fehlt ein ausdrücklicher Antrag, den Gegenstandswert auf eine bestimmte Summe festzusetzen, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob aus dem Beschwerdevorbringen mit hinreichender Bestimmtheit ermittelbar ist, welcher Gegenstandswert festgesetzt werden möge.
- An der hinreichenden Bestimmtheit fehlt es, wenn die Beschwerde zwar eine bestimmbare Berechnungsgrundlage benennt, davon aber Abschläge einräumt, ohne diese ihrerseits zu beziffern oder berechenbar zu bezeichnen.
LAG Hamburg, Beschl. v. 29.1.2018 – 2 Ta 1/18
1 Sachverhalt
Im Ausgangsverfahren hatten die Beteiligten zunächst über Ersetzung der Zustimmung eines Betriebsrates (Beteiligter zu 2) zu der befristeten Einstellung von zehn Leiharbeitnehmern im Betrieb des Arbeitgebers (Beteiligte zu 1) und diesbezüglicher Feststellung der dringenden Erforderlichkeit einer vorläufigen Einstellung gestritten. Aufgrund Antragsweiterung stritten die Beteiligten zusätzlich über Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der befristeten Einstellung weiterer fünf Leiharbeitnehmer und diesbezüglicher Feststellung der dringenden Erforderlichkeit. Aufgrund nochmaliger Antragsweiterung stritten die Beteiligten zusätzlich über Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der befristeten Einstellung einer weiteren Leiharbeitnehmerin und diesbezüglicher Feststellung der dringenden Erforderlichkeit.
Nach Beendigung des Verfahrens beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats die Festsetzung des Gegenstandswertes.
Das ArbG teilte sodann mit, dass beabsichtigt sei, den Gegenstandswert für das Verfahren auf 18.435,90 EUR festzusetzen und führte dazu aus, dass dabei von einem monatlichen Entgelt i.H.v. 1.725,00 EUR ausgegangen werde, mithin für den ersten betroffenen Arbeitnehmer ein Ausgangswert von 3.881,25 EUR zugrunde zu legen sei (1,5 × 1.725,00 EUR + 0,75 x 1.725,00 EUR), da die Beschäftigung nicht mindestens für drei Monate erfolgen sollte. Für die übrigen Arbeitnehmer folge daraus jeweils ein Wert von 970,31 EUR (25 %). So wurde dann später auch der Gegenstandswert für das Verfahren festgesetzt.
Hiergegen wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats. Er meint, als Grundlage bei einer Leiharbeitnehmer betreffenden personellen Maßnahme sei auf das Entgelt abzustellen, welches der Entleiher dem Verleiher zahlt, nicht jedoch auf den Bruttomonatslohn, den der Leiharbeitnehmer vom Verleiher enthält. Es sei auf die tatsächliche Belastung des Arbeitgebers abzustellen.
Das ArbG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist unzulässig. Zwar ist sie von einem Antragsberechtigten (§ 33 Abs. 2 S. 2 RVG) innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 33 Abs. 3 S. 3 RVG eingelegt worden, es fehlt jedoch an einem Antrag.
1. Ohne einen Antrag ist eine Gegenstandswertbeschwerde unzulässig (vgl. LAG Hamburg v. 8.5.2008 – 8 Ta 6/08; v. 23.12.2009 – 8 Ta 26/08, juris; ebenso: LAG Rheinland-Pfalz v. 26.7.2008 – 11 Ta 103/06, juris; Hartmann, KostG, 47. Aufl., § 33 RVG Rn 24). Das gilt schon deshalb, weil ohne Antrag nicht festgestellt werden kann, ob die Beschwer 200,00 EUR übersteigt.
Ein Antrag ist überdies erforderlich, um den Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts festzulegen. Fehlt im konkreten Fall ein ausdrücklicher Antrag, den Gegenstandswert auf eine bestimmte Summe festzulegen, ist zu prüfen, ob den Ausführungen der Beschwerde mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen ist, die Festsetzung welchen Gegenstandswerts der Beschwerdeführer begehrt (LAG Hamburg v. 23.12.2009 – 8 Ta 26/08 Rn 3, juris).
2. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats enthält keinen ausdrücklichen Antrag.
Ein solcher kann auch nicht durch Auslegung der Begründung der Beschwerde ermittelt werden. Die Beschwerde führt zwar an, dass der festgesetzte Wert zu niedrig sei und für den Fall, dass der Arbeitgeber nicht mitteile, wie hoch der an den Verleiher zu zahlende Betrag ist, als Grundlage der doppelte Bruttomonatslohn pro Leiharbeitnehmer als angemessen erscheine. Zwar ist die Höhe eines Monatsverdienstes, von dessen doppeltem Wert die Beschwerde (pro Leiharbeitnehmer) "als Grundlage" ausgehen will, der angefochtenen Entscheidung nicht unmittelbar zu entnehmen, aber unter Hinzuziehung der Schriftsätze der Beteiligten und der Mitteilung des ArbG im Rahmen der Anhörung zur Wertfestsetzung ermittelbar. Die Beschwerde lässt jedoch nicht erkennen, in welcher Höhe ihrer Ansicht nach von einer solchen "Grundlage" Abschläge (etwa wegen der auf eine Vielzahl von Leiharbeitnehmer bezogenen Anträge einerseits und wegen der Einstellung für einen Zeitraum von weniger als drei Monaten andererseits) vorzunehmen gewesen wären. Ebenso wenig führt die Beschwerde an, welche Festsetzung eines Gegenstandswertes (als Betrag oder zumindest rechnerisch) unter Zugrundelegung welcher Abschläge im Falle einer Ermittlung des vom Arbeitgeber an den Verleiher zu zahlenden Betrages begehrt wird.
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