RVG VV Nrn. 2501, 1008
Leitsatz
Nr. 1008 VV ist auf die Beratungsgebühr nach Nr. 2501 VV nicht anwendbar. In der Begrenzung des Anwendungsbereichs des Mehrvertretungszuschlags auf Verfahrens- und Geschäftsgebühren ist eine bewusste und hinzunehmende Entscheidung des Gesetzgebers zu sehen.
OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 15.2.2018 – 20 W 166/17
1 Sachverhalt
Das AG hatte für drei Rechtsuchende einen Berechtigungsschein ausgestellt, die damit einen Rechtsanwalt aufgesucht hatten. Dieser beantragte später die Festsetzung einer Beratungsgebühr zuzüglich Erhöhung nach Nr. 1008 VV i.H.v. insgesamt 48,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt mithin 57,12 EUR.
Das AG setzte die dem Antragsteller aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen unter Zurückweisung des weitergehenden Vergütungsantrages auf 35,70 EUR fest: Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Beratungsgebühr nach Nr. 2501 VV i.H.v. 30,00 EUR zuzüglich 5,70 EUR Umsatzsteuer. Weiter wurde ausgeführt, eine Erhöhung für die vorliegende Beratungsgebühr komme nicht in Betracht, weil Nr. 1008 VV die Erhöhung nur für Verfahrens- oder Geschäftsgebühren vorsehe.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung wies der Richter des AG unter Zulassung der Beschwerde zurück.
Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller Beschwerde ein, die er näher begründete und insbesondere unter Verweis auf zahlreiche Literaturstellen geltend machte, entspreche wohl h.A. in der Lit., dass der Mehrvertretungszuschlag auch bei reinen Beratungen anfalle.
Nach Nichtabhilfe und Vorlage an das LG übertrug die dortige Einzelrichterin den Rechtsstreit nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache auf die Kammer. Das LG Wiesbaden wies sodann die Beschwerde unter Zulassung, der weiteren Beschwerde zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei der Beratungsgebühr nach Nr. 2501 VV handele es sich um eine reine Tätigkeitsgebühr, einem Mehraufwand durch mehrere Auftraggeber werde jedoch nur bei Verfahrens oder Geschäftsgebühren durch Nr. 1008 VV Rechnung getragen, obwohl auch für andere Gebühren ein Mehraufwand denkbar sei.
Gegen den landgerichtlichen Beschluss legte der Antragsteller weitere Beschwerde ein. Zur Begründung wurde unter Vertiefung der bisherigen Rechtsausführungen im Wesentlichen ausgeführt, die Anwendung der Nr. 1008 VV sei insbesondere auch aus verfassungsrechtlichen Gründen mit Blick auf Art. 12 GG geboten, da der Rechtsanwalt bei der Beratungshilfe im Unterschied zur sonstigen Beratung die Höhe mit dem Auftraggeber nicht vereinbaren könne und somit ohne Erhöhung durch den Staat zur Gewährung von Beratungshilfe ohne angemessene Entschädigung unter Verletzung seiner Berufsausübungsfreiheit herangezogen würde. Die Vorbem. 2.5 VV schließe die Anwendung der Nr. 1008 VV nicht aus.
Die Kammer des LG hat der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die weitere Beschwerde ist gem. § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 6 S. 1 RVG statthaft, da das LG als Beschwerdegericht entschieden und die weitere Beschwerde zugelassen hat. Sie ist auch i.Ü. zulässig, insbesondere wurde sie formgerecht – und innerhalb der Zwei-Wochen-Frist eingelegt, § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 6 S. 4, Abs. 3 S. 3 RVG.
Die zulässige weitere Beschwerde ist in der Sache jedoch nicht begründet Die angefochtene Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, worauf die weitere Beschwerde ausschließlich gestützt werden kann, § 56 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 6 S. 2 RVG, §§ 546, 547 ZPO.
Das LG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass bei der Vergütung des Rechtsanwalts aus der Landeskasse für die Gewährung von Beratungshilfe eine Erhöhung der Beratungsgebühr nach Nr. 2501 VV um den Mehrvertretungszuschlag nach Nr. 1008 VV nicht vorzunehmen ist.
Allerdings ist in der Lit. zum BerHG seit langem umstritten, ob eine Erhöhung der Beratungsgebühr nach Nr. 2501 VV um den Mehrvertretungszuschlag nach Nr. 1008 VV in Betracht kommt.
Teilweise wird eine Anwendung ohne nähere Begründung angenommen (so etwa Pukall, in: Mayer/Kroiß, HK-RVG, 6 Aufl., Nr. 2501 VV Rn 13; Baumgärtel, RVG, 16. AufI., VV 1008 Rn 15; Groß, Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe, 13. Aufl., § 44 RVG Rn 61 allerdings nur für die Beratungshilfegebühr nach Nr. 2500 VV; Volpert, RVGgprof 2006, 117).
Dem vermag der Senat sich jedoch nicht anzuschließen. Nr. 1008 VV sieht für den Fall, dass mehrere Personen Auftraggeber in derselben Angelegenheit sind, eine Erhöhung der Gebühren nicht generell, sondern nur für die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr vor. Der Erweiterung des Mehrvertretungszuschlages auf andere Gebühren steht deshalb bereits der insoweit eindeutige Gesetzeswortlaut entgegen. Auch eine analoge Anwendung auf die hier maßgebliche Beratungsgebühr nach Nr. 2501 VV kommt nach Auffassung des Senates nicht in Betracht, weil von einer planwidrigen Gesetzeslücke nicht ausgegangen werden kann. Insoweit kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt...