Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erhöhung der Beratungsgebühr um Mehrvertretungszuschlag bei Vergütung des Anwalts für die Gewährung von Beratungshilfe
Leitsatz (amtlich)
Bei der Vergütung des Rechtsanwalts aus der Landeskasse für die Gewährung von Beratungshilfe ist eine Erhöhung der Beratungsgebühr nach Nr. 2501 VV-RVG um den Mehrvertretungszuschlag nach Nr. 1008 VV-RVG nicht vorzunehmen. Nr. 1008 VV-RVG sieht für den Fall, dass mehrere Personen Auftraggeber in derselben Angelegenheit sind, eine Erhöhung der Gebühren nicht generell, sondern nur für die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr vor. Der Erweiterung des Mehrvertretungszuschlages auf andere Gebühren steht deshalb bereits der insoweit eindeutige Gesetzeswortlaut entgegen. Auch eine analoge Anwendung auf die hier maßgebliche Beratungsgebühr nach Nr. 2501 VV-RVG kommt nicht in Betracht, weil von einer planwidrigen Gesetzeslücke nicht ausgegangen werden kann.
Normenkette
RVG-VV Nrn. 1008, 2501
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Entscheidung vom 10.04.2017; Aktenzeichen 4 T 60/17) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Das Amtsgericht Wiesbaden stellte unter dem 19. April 2011 einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt aus, wonach B u.a. berechtigt ist, die Hilfe eines Rechtsanwalts eigener Wahl für die Prüfung der Bescheide vom 17.9.2010 und 20.1.2011 insbesondere betreffend die Einstellung der Leistungen in Anspruch zu nehmen. Diese Bescheide betrafen Leistungen nach dem SGB II für die als Bedarfsgemeinschaft behandelten Personen B sowie A und C.
Mit Vergütungsantrag vom 19. Dezember 2012, der sich nicht in der vorgelegten Akte befindet, beantragte der antragstellende Rechtsanwalt die Festsetzung der Beratungsgebühr zuzüglich Erhöhung nach Nr. 2501/ 1008 VV RVG i.H.v. 48,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt mithin 57,12 EUR.
Das Amtsgericht Wiesbaden setzte mit Beschluss vom 12. März 2013 die dem Antragsteller aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen unter Zurückweisung des weitergehenden Vergütungsantrages auf 35,70 EUR fest. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Beratungsgebühr nach Nr. 2501 VV RVG i.H.v. 30 EUR zuzüglich 5,70 EUR Umsatzsteuer. Weiter wurde ausgeführt, eine Erhöhung für die vorliegende Beratungsgebühr komme nicht in Betracht, weil Nr. 1008 VV RVG die Erhöhung nur für Verfahrens- oder Geschäftsgebühren vorsehe.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung wies der Richter des Amtsgerichts mit Beschluss vom 22. November 2016, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, unter Zulassung der Beschwerde zurück.
Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller unter dem 6. Dezember 2016 Beschwerde ein, die er mit Schreiben vom 31. Januar 2017, auf dessen Inhalt verwiesen wird, näher begründete und insbesondere unter Verweis auf zahlreiche Literaturstellen geltend machte, es entspreche wohl herrschender Auffassung in der Literatur, dass der Mehrvertretungszuschlag auch bei reinen Beratungen anfalle.
Nach Nichtabhilfe und Vorlage an das Landgericht übertrug die dortige Einzelrichterin den Rechtsstreit nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache auf die Kammer. Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wies sodann mit Beschluss vom 10. April 2017, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, die Beschwerde unter Zulassung der weiteren Beschwerde zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei der Beratungsgebühr nach Nr. 2501 VV RVG handele es sich um eine reine Tätigkeitsgebühr; einem Mehraufwand durch mehrere Auftraggeber werde jedoch nur bei Verfahrens- oder Geschäftsgebühren durch Nr. 1008 VV RVG Rechnung getragen, obwohl auch für andere Gebühren ein Mehraufwand denkbar sei.
Gegen den landgerichtlichen Beschluss legte der Antragsteller mit Schreiben vom 2. Mai 2017, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten verwiesen wird, weitere Beschwerde ein. Zur Begründung wurde unter Vertiefung der bisherigen Rechtsausführungen im Wesentlichen ausgeführt, die Anwendung der Nr. 1008 VV RVG sei insbesondere auch aus verfassungsrechtlichen Gründen mit Blick auf Art. 12 GG geboten, da der Rechtsanwalt bei der Beratungshilfe im Unterschied zur sonstigen Beratung die Höhe mit dem Auftraggeber nicht vereinbaren könne und somit ohne Erhöhung durch den Staat zur Gewährung von Beratungshilfe ohne angemessene Entschädigung unter Verletzung seiner Berufsausübungsfreiheit herangezogen würde. Die Vorbemerkung 2.5 VV RVG schließe die Anwendung der Nr. 1008 VV RVG nicht aus.
Der Antragsgegner ist der weiteren Beschwerde entgegen getreten.
Die Kammer des Landgerichts hat der weiteren Beschwerde mit Beschluss vom 8. Mai 2017 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die weitere Beschwerde ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 6 Satz 1 RVG statthaft, da das Landgericht a...