Gegen Entscheidungen des SG über Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten ist die Beschwerde nicht statthaft. Denn § 172 Abs. 1 SGG eröffnet die Beschwerde gegen Beschlüsse des SG nur, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine solche spezialgesetzliche Regelung trifft § 197 Abs. 2 SGG. Die Vorschrift lautet: "Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet." Hiermit ist bestimmt, dass keine Beschwerde zum LSG statthaft ist (allg. Meinung; vgl. Senatsbeschl. v. 2.10.2012 – L 8 AS 727/12 B KO).
Eine andere Auslegung ist nicht im Hinblick auf § 178 S. 1 SGG geboten. Diese Norm bestimmt zwar ähnlich wie § 197 Abs. 2 SGG, dass das gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten angerufene Gericht endgültig entscheidet. Es wird aber die Auffassung vertreten, dass § 178 S. 1 SGG für Vergütungsfestsetzungsverfahren der im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwälte von § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG als speziellerer Norm verdrängt wird (so Bayerisches LSG, Beschl. v. 4.10.2012 – L 15 SF 13/11 B E [= AGS 2012, 584]; LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 30.8.2010 – L 3 SF 6/09 E; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11.12.2009 – L 19 B 281/09 AS; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 29.7.2008 – L 6 B 141/07; Thüringer LSG, Beschl. v. 29.4.2008 – L 6 B 32/08 SF; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 178 Rn 3, § 73a Rn 13 f.; a.A. LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18.9.2012 – L 5 AS 44/10 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 5.3.2012 – L 5 SF 449/11 B E; LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 26.1.2011 – L 1 B 266/09 SF E.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 2.5.2011 – L 10 P 112/10 B; LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 29.1.2008 – L 4 B 13/08 SB; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 14.6.2007 – L 13 B 4/06 AS SF). Dass § 178 S. 1 SGG hinter § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG zurücktritt, entspricht der Spruchpraxis des bisher für Kostensachen zuständigen 6. Senats des Sächsischen LSG. Ohne dass dies hier entschieden werden müsste, neigt der erkennende Senat dazu, diese Rspr. fortzuführen. Ohnehin soll durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz in § 1 Abs. 3 RVG klargestellt werden, dass die Vorschriften des RVG über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren gelten Verfahrensvorschriften – somit auch des SGG mitsamt seines § 178 – vorgehen (siehe BT-Drucks 17/11471).
Hieraus ergibt sich aber nichts für das in § 197 SGG geregelte Verfahren zur Festsetzung der vom Prozessgegner zu erstattenden außergerichtlichen Kosten (vgl. Senatsbeschl. v. 2.10.2012 – L (8 AS 727/12 B KO; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 21.9.2007 – L 19 B 112/07 AS; Straßfeld, in: Jansen, 4. Aufl., § 197 Rn 14). Sowohl die Systematik des RVG als auch der verschiedenen Festsetzungsverfahren schließt die Annahme aus, dass § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG als speziellere Norm § 197 Abs. 2 SGG verdrängt.
Das RVG regelt prozessrechtlich allein die Festsetzung von Vergütungsansprüchen des Rechtsanwalts – in § 11 RVG gegenüber seinem Mandanten und in §§ 45 ff. RVG (für den im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt) gegenüber der Staatskasse. Von diesen Vergütungsfestsetzungsverfahren, die das Innenverhältnis zwischen Mandant – bzw. der an dessen Stelle tretenden Staatskasse – und Rechtsanwalt betreffen, sind die Kostenfestsetzungsverfahren (z.B. nach §§ 103 ff. ZPO oder eben § 197 SGG) streng zu trennen. Bei letzteren geht es um den Erstattungsanspruch des Mandanten gegen seinen Prozessgegner aufgrund einer in der Hauptsache getroffenen Kostengrundentscheidung oder -regelung. Diese Verfahren betreffen nicht das Innenverhältnis des Mandanten zu seinem Rechtsanwalt, sondern das Außenverhältnis des Mandanten zum Prozessgegner. Trotz gewisser Ähnlichkeiten sind beide Verfahren nicht zu verwechseln oder gar gleichzusetzen. Bei den Vergütungs- und den Kostenfestsetzungsverfahren handelt sich um völlig voneinander unabhängige Verfahren (BGH, Beschl. v. 11.4.1991 – I ARZ 136/91; Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., § 11 Rn 6, § 55 Rn 2; Hartmann, KostG, 42. Aufl., § 11 Rn 1, 4, § 55 Rn 1), die auch zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen können (vgl. Müller-Rabe a.a.O.). Folgerichtig binden Entscheidungen in dem einem Verfahren nicht in einem anderen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.1997 – 1 BvR 1174/90; Hessischer VGH, Beschl. v. 6.10.1997 – 14 S 2808/97; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.10.1985 – 13 W 144/85). Allein materiell-rechtlich (nämlich im Hinblick auf die Höhe der zu erstattenden Gebühren eines beauftragten Rechtsanwalts) wird in Kostenfestsetzungsverfahren (wie demjenigen nach § 197 SGG) auf die Regelungen des RVG zurückgegriffen.
An dieser Rechtslage ändert sich im Übrigen auch durch die im Zuge des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (BT-Drucks 17/11471) geplante Anfügung eines neuen Abs. 3 an § 1 RVG künftig nichts. Ein...