RVG VV Nr. 3104 FGG-ReformG Art. 111 Abs. 4 S. 2
Leitsatz
- In isolierten Versorgungsausgleichssachen ist eine mündliche Verhandlung nicht zwingend vorgeschrieben. Dies gilt auch für den gem. Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-ReformG selbstständig gewordenen Versorgungsausgleich.
- Eine Terminsgebühr im gem. Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-ReformG selbstständigen Verfahren über den Versorgungsausgleich setzt voraus, dass nach der Überleitung in das neue Recht eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Es genügt nicht, dass der Versorgungsausgleich zu der Zeit, als der Versorgungsausgleich noch dem Verbund der Scheidung angehörte, Gegenstand einer mündlichen Verhandlung war.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.4.2012 – 9 WF 87/12
1 Sachverhalt
In der mündlichen Verhandlung vom 19.1.2005, innerhalb derer das AG neben dem Antrag auf Ehescheidung auch über die Folgesache Versorgungsausgleich verhandelt hat, hat das AG mit am gleichen Tage verkündeten Scheidungsverbundurteil die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich gem. § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG ausgesetzt.
In 2010 nahm das AG das Verfahren zum Versorgungsausgleich (gem. § 50 VersAusglG) wieder auf. Mit Beschl. v. 28.7.2010 hat das AG über den Versorgungsausgleich – ohne mündlich zu verhandeln – im schriftlichen Verfahren entschieden.
Der Antragsgegnervertreter hat nachfolgend die Festsetzung der Erstattung der ihm aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren beantragt und dabei im Ergebnis den Versorgungsausgleich als selbstständiges Verfahren abgerechnet. Unter Anrechnung bereits erstatteter Gebühren ist das AG dem im Grundsatz nachgekommen, nicht jedoch, soweit dies die begehrte Terminsgebühr betraf. Gegen die nachfolgend auch durch den zuständigen Richter des AG versagte Festsetzung einer Terminsgebühr im angefochtenen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragsgegnervertreters, die keinen Erfolg hatte.
2 Aus den Gründen
Die Festsetzung einer Terminsgebühr hinsichtlich des Versorgungsausgleiches ist zutreffend durch das AG versagt worden.
1. In einem nach altem (d.h. vor dem 1.9.2009 geltenden) Recht ausgesetzten Versorgungsausgleich, der nachfolgend wiederaufgenommen wurde und vor dem 1.9.2009 nicht erstinstanzlich entschieden worden ist, gilt gem. § 48 Abs. 2 VersAusglG i.V.m. § 111 Abs. 4 S. 1 FGG-ReformG das neue formelle und materielle, seit dem 1.9.2009 geltende Recht des Versorgungsausgleiches. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass – obgleich das AG dies im Tenor der Scheidungsverbundentscheidung vom 19.1.2005 nicht ausdrücklich ausgesprochen hat – auch die nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG erfolgte Aussetzung des Versorgungsausgleiches zugleich eine Abtrennung des im Verbund geführten Versorgungsausgleiches verbunden war (vgl. bereits Götsche, FamRB 2011, 123 und 2009, 317; speziell zu § 50 VersAusglG zudem HK-VersAusglG/Rehbein, 2012, § 50 Rn 20). Infolge der Abtrennung und nachfolgender Überleitung des Versorgungsausgleiches in das neue Recht ist der Versorgungsausgleich selbstständig geworden, wie aus Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-ReformG folgt. Dies hat zur Folge, dass der Versorgungsausgleich nunmehr in diesen Übergangsfällen als selbstständige Familiensache fortzuführen ist und den Charakter als Folgesache verliert (BGH FamRB 2011, 104; bestätigt durch BGH FamRZ 2012, 98 sowie FamRZ 2011, 1219 und BGH FuR 2011, 520). Zugleich ist der auf diese Weise selbstständig gewordene Versorgungsausgleich gebührenrechtlich als neue Angelegenheit zu behandeln. Für die Tätigkeit in dem selbstständigen Verfahren über den Versorgungsausgleich erhält der Rechtsanwalt dann gem. § 150 Abs. 5 S. 2 FamFG gesonderte Gebühren, auf die jedoch die bereits im Scheidungsverbund verdienten und abgerechneten Gebühren des Versorgungsausgleiches anzurechnen sind. Denn nach § 21 Abs. 3 RVG handelt es sich bei der abgetrennten und nunmehr selbstständig gewordenen ehemaligen Folgesache Versorgungsausgleich um eine einheitliche Angelegenheit (BGH a.a.O.; OLG Oldenburg NJW 2011, 1614).
Allerdings hat die so gewonnene Selbstständigkeit des Versorgungsausgleiches zugleich zur Folge, dass die vormals bewilligte Prozesskostenhilfe entfallen ist und erneut Verfahrenskostenhilfe beantragt und bewilligt werden muss, nunmehr unter Beachtung der gesetzlichen Regelungen der §§ 76 ff. FamFG (und hinsichtlich der Beiordnung insbesondere nach § 78 Abs. 2 FamFG aufgrund gleichzeitigen Entfallens des Anwaltszwangs, vgl. auch BGH FamRZ 2011, 1219 am Ende sowie Götsche a.a.O.) sich beurteilt. Eine erneute Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist allerdings hier nicht erfolgt. Dies nimmt aber dem hiesigen Beschwerdeverfahren und der begehrten Abrechnung einer Terminsgebühr gegen die Staatskasse nicht den Erfolg. Denn im Verfahren über eine Beschwerde gem. § 56 Abs. 2 RVG ist das Verschlechterungsverbot durch den Senat zu beachten. Der Umfang der Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe wird in diesem Verfahren nicht geprüft, selbst wenn – wie es hier der Fall ist – es an einer wirksamen Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung des...