Leitsatz
Der Gegner eines Verfahrenskostenhilfe beziehenden Beteiligten kann von ihm gezahlte Gerichtskosten nicht gegen den Verfahrenskostenhilfe beziehenden Beteiligten festsetzen lassen, soweit ihm diese unter Missachtung der besonderen verfahrenskostenhilferechtlichen Regelungen zu Unrecht in Rechnung gestellt worden.
OLG Koblenz, Beschl. v. 10.1.2014 – 13 WF 13/14
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte den Antragsgegner vor dem FamG auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch genommen. Für dieses Verfahren hat sie Verfahrenskostenhilfe mit Ratenzahlungsanordnung gewährt. Anschließend ist der Antragsgegner mit Versäumnisbeschluss antragsgemäß und kostenpflichtig zur Unterhaltszahlung verpflichtet worden. Auf seinen Einspruch hin haben sich die Beteiligten sodann im folgenden Termin gütlich geeinigt; die Kosten des Verfahrens und des Vergleichs wurden dabei gegeneinander aufgehoben.
Auf die entsprechende Kostenrechnung des FamG hat der Antragsgegner die entstandenen Gerichtskosten an die Justizkasse gezahlt. Die Hälfte hiervon hat die Rechtspflegerin anschließend auf seinen Antrag gegen die Antragstellerin festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie erachtet die Festsetzung aufgrund der ihr bewilligten Verfahrenskostenhilfe als unzulässig.
Die sofortige Beschwerde, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat, hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg, da die vom Antragsgegner beantragte hälftige Erstattung der von ihm gezahlten Gerichtskosten hier gegen die Antragstellerin nicht möglich war.
1. Zutreffend weist die Rechtspflegerin allerdings darauf hin, dass die Beteiligten sich nach dem Einspruch gegen den Versäumnisbeschluss im Termin vor dem FamG zwar geeinigt und im Vergleichswege Kostenaufhebung vereinbart haben, hierdurch jedoch gem. § 25 S. 1 FamGKG (entspricht § 30 S. 1 GKG) gegenüber der Staatskasse die Haftung des Antragsgegners für die ihm durch den Versäumnisbeschluss auferlegten Gerichtskosten nicht erlischt.
Diesbezüglich ist anerkannt, dass ein Vergleich nicht der Regelung des § 25 S. 1 FamGKG unterfällt, sondern hiervon nur gerichtliche Entscheidungen erfasst werden. Der Vergleich wirkt daher aus kostenrechtlicher Sicht nur im Verhältnis zwischen den Beteiligten selbst, hat jedoch keinen Einfluss auf eine zuvor ausgesprochene gerichtliche Kostenentscheidung (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2011, 1323 m.w.Nachw.).
Ebenso ist seit der Kostennovelle 1975 anerkannt, dass in den Fällen einer vergleichsweisen Kostenübernahme (§ 24 Nr. 2 FamGKG bzw. § 29 Nr. 2 GKG) durch den Beteiligten, dem Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden war, die Staatskasse nicht gehindert ist, eine etwaige Zweitschuldnerhaftung des Gegners geltend zu machen. Denn § 26 Abs. 3 FamGKG (entspricht § 31 Abs. 3 GKG) schließt dies lediglich dann aus, wenn der Verfahrenskostenhilfe beziehende Kostenschuldner Entscheidungsschuldner i.S.d. § 24 Nr. 1 FamGKG (bzw. § 29 Nr. 1 GKG) ist (vgl. OLG Koblenz JurBüro 1987, 1825).
Grund dieser Regelungen ist es, Kostentragungsvereinbarungen zu Lasten der Staatskasse zu vermeiden; gerade Parteien, denen das Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, sollen nicht im Vergleichsweg über die Gerichtskosten disponieren können, wenn dies dem Stand des Verfahrens nicht entspricht (vgl. OLG Koblenz a.a.O. und OLG Brandenburg a.a.O. m.w.Nachw.).
Auslagenvorschüsse, von denen der Gegner des Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung beziehenden Beteiligten nach § 122 Abs. 2 ZPO vorläufig befreit war, sind von diesem hingegen bereits ohne Rücksicht auf den Inhalt der im Vergleich getroffenen Kostenregelung einzuziehen. Denn für diese haftet er nach Abschluss des Verfahrens ohnehin gem. §§ 16 f. FamGKG (entspricht §§ 17 f. GKG), auch wenn der Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung beziehende Beteiligte im Vergleich die Kosten des Rechtsstreits übernommen hat (vgl. MüKo-ZPO/Motzer, 4. Aufl. 2013, § 125 Rn 9).
Als Folge dessen kann der im vorgenannten Wege durch die Staatskasse in Haftung genommene Gegner des Verfahrenskostenhilfe beziehenden Beteiligten diesen sodann seinerseits wiederum entsprechend der getroffenen Kostenregelung nach §§ 123, 104 ZPO belangen (vgl. OLG Koblenz a.a.O.).
2. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen wird in der Rspr. allerdings vertreten, dass § 25 S. 1 FamGKG (entspricht § 30 S. 1 GKG) dann nicht zum Zuge kommen darf, wenn seine Anwendung zu Ergebnissen führen würde, die mit den speziellen Regeln über die Kostenfreiheit von Parteien (z.B. nach § 2 GKG) oder über die Prozess-/Verfahrenskostenhilfe nicht in Einklang zu bringen wären. Daher solle sich die Heranziehung dieser Vorschrift dann verbieten, wenn damit ein Beteiligter, dem Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist und der somit gem. § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO von den Gerichtskosten im Verhältnis zur Staats- oder Landeskasse – zunächst – befreit ist, über den Umweg der Kostenfestsetzung mit solchen Gerichtskosten belastet werde. Denn insoweit würden sich die entsprechende Regelung...