Leitsatz
Der einem Zeugen für die Dauer seiner Vernehmung nach § 68b StPO als Beistand beigeordnete Rechtsanwalt erhält eine Gebühr für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Nr. 4 VV.
OLG München, Beschl. v. 4.3.2014 – 4c Ws 5/14
1 Sachverhalt
Der nach § 68b StPO für die ermittlungsrichterliche Vernehmung der Zeugin beigeordnete Zeugenbeistand wendet sich vorliegend mit seiner weiteren Beschwerde gegen seine Vergütung als Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 VV und begehrt die Vergütung für seine Tätigkeit wie ein Verteidiger mit einer Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühr nach Nrn. 4100, 4104, 4102, 7002 und 7008 VV.
Die Staatsanwaltschaft führte gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern. Mit Schriftsatz vom 12.12.2012 zeigte der Rechtsanwalt unter Vorlage einer Vollmacht der alleinsorgeberechtigten Mutter der Zeugin die anwaltliche Vertretung der minderjährigen drei Geschädigten an. Nach Akteneinsicht nahm er Stellung zum bisherigen Akteninhalt und stellte für seine Mandanten Strafantrag gegen den Beschuldigten.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beantragte die Staatsanwaltschaft unter anderem die ermittlungsrichterliche Vernehmung eines der minderjährigen Kinder. Die Vernehmung der Zeugin durch die Ermittlungsrichterin des AG wurde in Anwesenheit ihres Rechtsanwalts durchgeführt. Auf Antrag ordnete die Ermittlungsrichterin der Zeugin ihren Rechtsanwalt für die Dauer der ermittlungsrichterlichen Vernehmung als Beistand gem. § 68b Abs. 2 StPO bei.
Der Rechtsanwalt beantragte daraufhin die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse für seine Tätigkeit als Zeugenbeistand, und zwar folgender Beträge: eine Grundgebühr Nr. 4100 VV in Höhe von 132,00 EUR, eine Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV in Höhe von 112,00 EUR, eine Terminsgebühr Nr. 4102 VV in Höhe von 112,00 EUR, eine Pauschale Nr. 7002 VV in Höhe von 20,00 EUR und die Mehrwertsteuer nach Nr. 7008 VV, insgesamt einen Gesamtbetrag in Höhe von 447,44 EUR.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4.10.2013 hat die Rechtspflegerin des AG die von der Staatskasse an den Rechtsanwalt die für seine Tätigkeit als Zeugenbeistand zu erstattende Vergütung auf 223,72 EUR festgesetzt. Hierbei hat sie abweichend von dessen Antrag die Tätigkeit des Zeugenbeistands als Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Nr. 4 VV zuzüglich Mehrwertsteuer bewertet.
Die dagegen eingelegte Erinnerung hat das AG als unbegründet zurückgewiesen. Das LG hat die dagegen erhobene Beschwerde zurückgewiesen.
Auch die zugelassene weitere Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Die weitere Beschwerde des Beistands ist gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 6 u. 33 Abs. 3 S. 3 RVG zulässig. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen wurde eingehalten (§ 33 Abs. 6 S. 4 und 3 S. 3 RVG).
2. Das Verfahren war gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 2 RVG dem Senat zur Entscheidung zu übertragen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Mit Verwunderung hat der Senat zur Kenntnis genommen, dass das LG die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat, aber dennoch von der Übertragung der Entscheidung auf die Kammer abgesehen hat.
3. Die Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung der Gebühren und Auslagen für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand bei der ermittlungsrichterliche Vernehmung durch die Ermittlungsrichterin des AG.
4. In der Sache erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weil die angegriffene Entscheidung des LG und die Bemessung der Vergütung des Zeugenbeistandes nach Teil 4 Abschnitt 3 VV also nach Nr. 4301 Nr. 4 VV zu vergütende Einzeltätigkeit der Rechtslage entspricht.
a) Der Senat gibt seine mit Beschl. v. 25.3.2008 (4 Ws 27/08) im Einzelnen begründete Rechtsauffassung auf, wonach die Vergütung des Zeugenbeistandes nach Teil 4 Abschnitt 1 VV wie bei einem Pflichtverteidiger zu bemessen ist. Die Frage der Vergütung des gem. § 68b StPO bestellten Zeugenbeistandes ist in der Rspr. umstritten. Der Senat schließt sich der Rspr. an, wonach dem für die Dauer der Zeugenvernehmung beigeordneten Rechtsbeistand nur eine Verfahrensgebühr wegen einer Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Nr. 4 VV zusteht.
b) Die Vorbem. 4 Abs. 1 VV bestimmt, dass die Vorschriften des 4. Teils des VV für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand entsprechend anzuwenden sind. Damit gilt grundsätzlich auch Abschnitt 3 des 4. Teils der VV entsprechend. Denn wäre Abschnitt 3 nicht anwendbar, hätte hinsichtlich der Vergütung des beigeordneten Zeugenbeistandes statt auf den gesamten Teil 4 VV lediglich auf den 1. Abschnitt des 4. Teils VV verwiesen werden dürfen (OLG Bamberg 1. Strafsenat, Beschl. v. 14.4.2008 – Ws 157/08). Welcher Vergütungsanspruch letztlich erfüllt ist, richtet sich nach Art und Umfang der im Rahmen der Bestellung erbrachten Tätigkeit (§ 48 Abs. 1 RVG). Die Beiordnung des Rechtsanwalts erfolgt hier lediglich für eine Einzeltätigkeit, nämlich die Beistandsleistung während der ermittlungsrichterlichen Vernehmung der Zeugin. Aus Nr. 4301...