Die gem. §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg; der Senat teilt die Auffassung der Rechtspflegerin, wonach die Anrechnungsvorschriften nicht dem Schutz des Erstattungspflichtigen dienen, weshalb auch § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO hier nicht einschlägig ist.

Das RVG enthält eine Reihe von Vorschriften über Gebührenanrechnungen, neben dem hier beschwerdegegenständlichen Fall einer Anrechnung der Mahngebühr insbesondere etwa den der Anrechnung einer vorgerichtlichen Geschäftsgebühr (Vorbem. 3 Abs. 4 VV) oder der Gebühr für ein selbstständiges Beweisverfahren (Vorbem. 3 Abs. 5 VV – siehe den Überblick bei Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., Vorbem. 3 Rn 246 ff.). Sinn der Anrechnungsvorschriften ist es im Wesentlichen, die Honorierung annähernd gleicher Tätigkeit zu verhindern und der Erleichterung einer Einarbeitung bzw. Vorbereitung des Anwaltes wegen bereits vorhandener Kenntnisse und dem damit verbundenen geringeren Aufwand Rechnung zu tragen (s. bereits Senat, Beschl. v. 25.11.2008 – 11 W 2558/08, NJW 2009, 1220).

Dabei besteht Einigkeit darüber, dass eine Anrechnung nur dann möglich ist, wenn derselbe Rechtsanwalt tätig war, andernfalls nämlich eine doppelte Honorierung nicht denkbar ist (s. zuletzt BGH, Beschl. v. 27.8.2014 – VII ZB 8/14 [= AGS 2014, 538]; Beschl. v. 10.12.2009 – VII ZB 41/09 [= AGS 2010, 529]; Senat, Beschl. v. 25.11.2008, a.a.O.; Müller-Rabe, a.a.O., Vorbem. 3 Rn 261; Hansens, RVGreport 2012, 365, 367).

Ferner ist zu unterscheiden zwischen dem Rechtsverhältnis zwischen Mandant und Anwalt einerseits, mithin der Entstehung der Gebühren, und andererseits der prozessrechtlichen Beziehung zwischen Mandant und gegnerischer Prozesspartei, also der von den §§ 91 ff. ZPO geregelten Frage der Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Aufwendungen.

Die Anrechnungsvorschriften betreffen zunächst nur die Rechtsbeziehung zwischen Anwalt und Mandant – ein Berufen Dritter, insbesondere Erstattungspflichtiger, hierauf ist nur in Ausnahmefällen möglich, s. § 15a Abs. 2 RVG.

Wie sich ein "Anwaltswechsel", wie hier, der einer Gebührenanrechnung somit entgegensteht, auf das Verhältnis der erstattungsberechtigten Partei zu ihrem Prozessgegner auswirkt, ist streitig, insbesondere was die mögliche Heranziehung der Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO betrifft. Die Frage stellt sich unter dem Gesichtspunkt des Gebotes der Kostengeringhaltung, wonach nur "notwendige" Kosten i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO erstattet werden.

a) Nach h.A. Ansicht soll sich ein Erstattungspflichtiger im Falle einer Vertretung des Erstattungsberechtigten durch jeweils verschiedene Anwälte im außergerichtlichen Bereich einerseits und im Rechtsstreit andererseits nicht auf eine Anrechnung gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV berufen können: § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO gelte nur für einen Anwaltswechsel innerhalb des "Prozesses" bzw. innerhalb des gerichtlichen "Verfahrens" (s. Müller-Rabe, a.a.O., § 15a Rn 69 und Anh. III Rn 75; MüKo/ZPO-Schulz, 4. Aufl., § 91 Rn 83).

b) Dies soll anders sein bei einem Anwaltswechsel, also bei Heranziehung eines neuen Prozessbevollmächtigten, nach einem Mahn- bzw. nach einem selbstständigen Beweisverfahren; hier soll sich der Erstattungspflichtige auf die entsprechende Anrechnungsbestimmungen berufen dürfen (Nr. 3307 VV bzw. Vorbem. 3 Abs. 5 VV; vgl. Müller-Rabe, a.a.O., Nr. 3305–3308 VV Rn 86a und Anh. III Rn 74 ff.; für die Anrechnung der Gebühr eines selbstständigen Beweisverfahrens hat der BGH die Frage zuletzt offen gelassen, s. Beschl. v. 27.8.2014, a.a.O.).

Begründet wird dies insbesondere mit einer Anwendbarkeit von § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO in diesen Fällen, da Beweis- und Erkenntnisverfahren sachlich, zeitlich und hinsichtlich der Beteiligten so eng verflochten seien, dass eine "Gesamtbetrachtung" erfolgen müsse; prozessrechtlich handle es sich um "ein Verfahren", in dem auch eine einheitliche Kostenentscheidung ergehe, während die – bei einem Anwaltswechsel nicht anzurechnende – vorgerichtliche Geschäftsgebühr durch eine andere Angelegenheit ausgelöst werde (ausführlich OLG Köln, Beschl. v. 10.12.2012 – 17 W 109/12 [= AGS 2013, 568]; Müller-Rabe, a.a.O., Anh. III Rn 74 f. – für das Mahnverfahren Nrn. 3305–3308 VV Rn 86a).

Richtiger Ansicht nach kann sich der Erstattungspflichtige in keinem der genannten Fälle auf die – ausschließlich das Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant betreffenden – Anrechnungsvorschriften berufen; für fiktive Anrechnungen ist daher kein Raum.

Hieran ändert auch die – ohnedies nur "vom Rechtsgedanken her" passende (vgl. BGH, Beschl. v. 27.8.2014, a.a.O.) – Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO nichts:

a) Die Anrechnungsbestimmungen dienen nicht dem Schutz des Prozessgegners (ausdrücklich BGH, Beschl. v. 10.12.2009, a.a.O.). Sie sollen verhindern, dass ein Rechtsanwalt für eine (annähernd) gleiche Tätigkeit doppelt honoriert wird und der Erleichterung seines Einarbeitungsaufwandes Rechnung tragen. Bei Heranziehung von zwei Anwälten scheidet dies von vor...

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