Die gem. § 57 Abs. 2 GKG zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Zu Recht hat das AG die Erinnerung des Antragstellers gegen die Kostenrechnung zurückgewiesen. Entgegen der Ansicht des Antragstellers kann die Staatskasse die nach § 59 Abs. 1 RVG auf sie übergegangenen Vergütungsansprüche eines beigeordneten Rechtsanwalts auch dann gegen den im Verfahren unterlegenen Beteiligten (hier den Antragsteller) geltend machen, wenn diesem ebenfalls ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist.
Nach überwiegender Ansicht in der Rspr. verhindert § 122 Abs. 1 Nr. 1b) ZPO nur, dass die Staatskasse die auf sie übergegangenen Ansprüche eines beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten gegen den von diesem vertretenen Beteiligten geltend macht; eine Inanspruchnahme wegen der übergegangenen Vergütungsansprüche des gegnerischen Anwalts sei hingegen möglich (BGH, Beschl. v. 11.6.1997 – XII ZR 254/94, FamRZ 1997, 1141; OLG Dresden, Beschl. v. 1.9.2009 – 20 WF 751/09, FamRZ 2010, 583 f.; OLG Celle, Beschl. v. 20.5.2014 – 2 W 106/14, MDR 2014, 923 f.; Wache, in: MüKo zur ZPO, 5. Aufl., 2016, § 122 Rn 13 m.w.N; anders OLG München, Beschl. v. 1.8.2013 – 11 WF 1178/13, FamRZ 2014, 1880 ff.; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 122 Rn 6).
Der Senat schließt sich dieser Ansicht an. Für die Möglichkeit, von einem bedürftigen Beteiligten die an den beigeordneten Anwalt des Gegners gezahlte Vergütung im Festsetzungsverfahren zu verlangen, spricht § 123 ZPO. Nach dieser Vorschrift hat die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf die Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, keinen Einfluss. Diese Bestimmung beschränkt die Wirkungen der Verfahrenskostenhilfe auf die Gerichtskosten und die eigenen außergerichtlichen Kosten eines bedürftigen Beteiligten (BGH a.a.O.). Auch ein bedürftiger Beteiligter haftet daher für die Anwaltskosten des Gegners. Dass dies nicht gelten soll, wenn auch dem Gegner Verfahrenskostenhilfe bewilligt ist, überzeugt nicht. Soweit in § 122 Abs. 1 Nr. 1b) ZPO die auf die Staatskasse "übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei" genannt sind, folgt aus der Verwendung des Plurals nicht zwingend, dass hierunter auch die übergegangenen Ansprüche des gegnerischen Anwalts erfasst sind. Denkbar ist ebenso, dass einem bedürftigen Beteiligten mehrere Anwälte beigeordnet werden, wie beispielsweise ein Anwalt am Sitz des Gerichts und ein Verkehrsanwalt am Wohnsitz des Beteiligten. Gegen die hier vertretene Auffassung sprechen darüber hinaus nicht die Gesetzesmaterialien. Freilich sollte nach der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 17.7.1979 eine Inanspruchnahme der bedürftigen Partei auch wegen auf die Staatskasse übergegangener Ansprüche des dem Gegner beigeordneten Anwalts nicht stattfinden (BT-Drucks 8/3068, 20). Diese Begründung des Regierungsentwurfs hat in der Fassung der Gesetz gewordenen Vorschriften aber keinen hinreichenden Ausdruck gefunden (BGH a.a.O.). Es ist außerdem anzunehmen, dass der Gesetzgeber eine von ihm als fehlerhaft erkannte Auslegung des § 122 Abs. 1 Nr. 1b) ZPO durch die nahezu einhellige Rspr. korrigiert hätte; hierzu bestand hinreichend Gelegenheit, zuletzt insbesondere mit der umfassenden Reform durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31.8.2013 (OLG Celle a.a.O.).
AGS 5/2017, S. 237 - 238