ZPO § 91 Abs. 2 S. 1; RVG VV Nrn. 7003 ff.
Leitsatz
Beauftragt die im Gerichtsbezirk ansässige Partei einen außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassenen Rechtsanwalt, so sind dessen tatsächliche Reisekosten bis zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks erstattungsfähig.
AG Frankfurt/M, Beschl. v. 18.1.2017 – 30 C 594/16 (47)
1 Aus den Gründen
Die Absetzung von 16,80 EUR Reisekosten und 25,00 EUR Abwesenheitsgeld ist zu Unrecht erfolgt. Die von der Klägerin vertretene Rechtsansicht ist zutreffend und entspricht der im Vordringen befindlichen Meinung.
Entscheidend ist, dass es keinen auch nur ansatzweise einsichtigen Grund gibt, die Partei, die einen auswärtigen (also nicht im Gerichts Bezirk ansässigen) Rechtsanwalt beauftragt, kostenmäßig schlechter zu stellen als die Partei, die einen (gegebenenfalls am äußeren Rand des Gerichtsbezirks ansässigen und gegebenenfalls tatsächlich entfernteren) "ortsansässigen" Rechtsanwalt beauftragt.
Daher ist das Kriterium der Notwendigkeit i.S.d. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO für auswärtige Rechtsanwälte so zu verstehen, dass jedenfalls die Fahrtkosten vom Gerichtsort bis zur Gerichtsbezirksgrenze als erforderlich anzusehen und ohne weitere Notwendigkeitsprüfung zuzuerkennen sind (ebenso OLG Frankfurt/M. Beschl. v. 23.3.2015 – 25 W 17/15 [= AGS 2017, 101]).
Die von der Rechtspflegerin zitierte Gegenmeinung, die auf den gesetzlich gewollten Schutz von Partei und Rechtsanwalt im Gerichtsbezirk abhebt, erscheint überholt, nachdem eine Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte auf bestimmte Landgerichtsbezirke – und die ZPO-Vorschriften sind originär für den Landgerichts-Prozess konzipiert worden – nicht mehr existiert.
Den schutzwürdigen Belangen der gegnerischen Partei, außerhalb des Anwendungsbereiches von § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht mit zusätzlichen Kosten belastet zu werden, wird durch eine Begrenzung der Kostenerstattung auf fiktive Reisekosten bis zur Gerichtsbezirksgrenze Rechnung getragen, mit denen sie immer rechnen muss.
Damit sind die von der Klägerin geltend gemachten Reisekosten bis zur Bezirksgrenze – Abwesenheitsgeld sowieso – erstattungsfähig.
Eine Kostentragungspflicht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Erinnerungsführerin zu Lasten der Beklagten war nicht veranlasst, da sie den fehlerhaften Kostenfestsetzungsbeschluss weder veranlasst noch verteidigt hat, mithin nicht als "unterlegene Partei" i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden kann.
Mitgeteilt von RA Horst Dieter Zittelmann, Wettenberg
AGS 5/2017, S. 257