In dem angefochtenen Beschluss hat das AG den Gegenstandswert für das Verfahren auf Erteilung eines Erbscheines auf 949.839,89 EUR festgesetzt. Dabei hat es sich ersichtlich von der Berechnung gem. Verfügung vom 7.6.2011 leiten lassen, die wiederum auf den Wertangaben der Beteiligten zu 1) im Rahmen der Testamentseröffnung beruht.
Dies ist nicht frei von Rechtsfehlern. Zum einen legt das Gericht für die Bemessung des Gegenstandswertes den § 107 Abs. 2 KostO zugrunde, der allerdings nur für den Fall der Erteilung des Erbscheines gilt, während sich die hier vorliegende Ablehnung der Erteilung des Erbscheins nach § 130 KostO richtet, wobei wiederum der Gegenstandswert nach § 30 Abs. 1 KostO zu schätzen ist (Hartmann, KostG, 40. Aufl., KostO, § 107 Rn 10 und § 130, Rn 10). Maßgeblich ist indessen auch hier zunächst der Wert des beantragten Geschäftes (vgl. Hartmann, a.a.O.), wobei allerdings im Falle des § 130 Abs. 1 KostO anders als bei §107 KostO nur eine halbe Gebühr anfällt, die zudem auf höchstens 400,00 EUR begrenzt wird.
Grundsätzlich zutreffend ist das AG zwar vom Gesamtwert des Nachlasses ausgegangen, hat bei dessen Bemessung allerdings das zweite Grundstück in B. im Werte von 65.000,00 EUR bei seiner Berechnung übersehen. Darauf kommt es jedoch im Ergebnis deshalb nicht entscheidend an, weil die Grundstücke der Erblasserin bei der Bemessung des Nachlasswertes ohnehin unberücksichtigt zu bleiben hatten. Wie zwischen den Beteiligten außer Streit steht, wurden der Beteiligten zu 1) nach dem hier maßgeblichen notariellen Testament der Erblasserin deren Immobilien auf N. und in B. im Rahmen eines Vorausvermächtnisses zugewandt. Solche mit einem Vermächtnis belasteten Vermögensgegenstände haben entgegen der Auffassung des AG in seinem angefochtenen Beschluss bei der Wertberechnung des Aktivvermögens außer Ansatz zu bleiben bzw. sind von diesem als Nachnachlassverbindlichkeiten in Abzug zu bringen (BayObLGZ 1993, 115, 118 Horndasch/Viefhues/Heinemann, FamFG, 2. Aufl., § 352 Rn 50; Hartmann, a.a.O., § 107 Rn 14 m. w. Nachw.). Soweit sich diese Fundstellen auf § 107 KostO beziehen, kann für die §§ 130, 30 KostO nicht anderes gelten, da es auch dort bei der Ermittlung des Nachlassvermögens um die Ausübung des freien Ermessens nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geht (Hartmann, a.a.O., § 130 Rn 10 und § 30 Rn 14).
Zugrundezulegen ist damit der Bar-Aktivnachlass in Höhe von 653.673,86 EUR, wie ihn die Beteiligte zu 1) in ihrer genannten Vermögensaufstellung gegenüber dem Nachlassgericht angegeben und dem Gericht gegenüber als zutreffend versichert hat. Wenn der Beteiligte zu 2) diese Angabe pauschal mit Nichtwissen bestreitet, ist dies unbeachtlich, da es ihm als Miterben möglich und zumutbar ist, die zutreffenden Beträge der lediglich 2 (!) Bankguthaben zu ermitteln und zu überprüfen.
Von diesem Barvermögen sind unstreitig, wie auch vom AG vorgenommen, die Beerdigungskosten in Höhe von 3.833,97 EUR abzusetzen, sodass sich ein Aktivnachlass von 649.839,89 EUR ergibt.
Auch dieser ist indessen nicht in voller Höhe bei der Bemessung des Gegenstandswertes in Ansatz zu bringen, sondern, wie geschehen, lediglich zu ½, mithin i.H.v. 324.919,94 EUR. Denn insoweit war zu berücksichtigen, dass das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten zu 1) zwar auf die Ausweisung ihrer Erbenstellung als Alleinerbin ging und auch ihr Erbscheinsantrag förmlich hierauf gerichtet gewesen ist. In der Sache ging es allerdings lediglich darum, über den Erbteil zu ½, der ihr nach dem ursprünglichen Testament vom 25.4.1995 ohnehin und völlig unstreitig zustand, auch hinsichtlich der weiteren Hälfte als Erbin anerkannt zu werden. Das rechtfertigt es, bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise lediglich den – zusätzlichen – Erbteil als Wert zu Grunde zu legen, den die Beteiligte zu 1) in der Sache verfolgt (Hartmann, a.a.O., § 30 Rn 14 ff). Dieser beläuft sich nach dem Gesagten nur auf die Höhe des Aktivnachlasses.
Soweit sich die Beteiligte zu 1) im Kern und vor allem gegen den – vollen – Gegenstandswert i.H.v. 949.839,89 EUR zur Wehr setzt, den der Beteiligte zu 2) mit seinem Kostenfestsetzungsantrag in Ansatz gebracht hat, ist zwar dieses Kostenfestsetzungsverfahren nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Zur Vermeidung von Missverständnissen weist der Senat aber vorsorglich auf Folgendes hin:
Grundsätzlich zutreffend hat das AG mit seinem Ausgangsbeschluss vom 29.4.2011 eine Kostenentscheidung gem. § 81 FamFG zu Lasten der Beteiligten zu 1) getroffen (vgl. Keidel/Zimmermann, FamFG, 17. Aufl., § 352, Rn 133). Bei der Berechnung des Gegenstandswertes wird der Beteiligte zu 2) aber weder den vom AG angesetzten noch den richtig berechneten vollen Nachlasswert in Ansatz bringen dürfen, ebenfalls nicht den vom Beschwerdegericht festgesetzten Gegenstandswert in Höhe der Hälfte des Nachlasswertes nach Abzug der Belastungen. Vielmehr hat sich der vom Beteiligten zu 2) anzusetzende Gegenstandswert auf seinen Erbteil, d.h. ¼ des Ak...