ZPO §§ 67, 72, 74, 91, 485 BGB §§ 133, 157
Leitsatz
Wird der Streithelfer im selbstständigen Beweisverfahren Beklagter des Hauptsacheverfahrens, verpflichtet ihn der dort geschlossene Vergleich, in dem die Kosten gegeneinander aufgehoben sind, nicht zur hälftigen Erstattung der vom Kläger im Beweisverfahren verauslagten Gutachterkosten, weil es an der Identität der Beteiligten fehlt.
OLG Koblenz, Beschl. v. 26.4.2012 – 14 W 208/12
1 Sachverhalt
Der Kläger begehrte von den Beklagten als Architekt und Bauunternehmer einen Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln einer Werkleistung.
Zur Vorbereitung der Hauptsache hat der Kläger gegen die inzwischen insolvente Beklagte zu 1) vor dem LG ein selbstständiges Beweisverfahren durchgeführt. Die Beklagte zu 1) hat dem Beklagten zu 2) dort den Streit verkündet. Der Beklagte zu 2) ist auf Seiten des Klägers beigetreten und hat seinerseits der bereits am Beweisverfahren beteiligten Beklagten zu 1) den Streit verkündet.
Während des Hauptsacheverfahrens wurde über das Vermögen der Beklagten zu 1) das Insolvenzverfahren eröffnet, sodass der Rechtsstreit insoweit nach § 240 ZPO unterbrochen ist. Der Kläger und der Beklagte zu 2) haben sich in der mündlichen Verhandlung dahin verglichen, dass der Beklagte zu 2) zum Ausgleich aller streitgegenständlichen Ansprüche des Klägers gegen ihn 25.000,00 EUR nebst Zinsen zahlt. Im Verhältnis des Klägers zu dem Beklagten zu 2) wurden die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben.
Der Kläger hat sodann beantragt, die verauslagten Gerichtskosten von 1.281,00 EUR sowie den Auslagenvorschuss für das Gutachten im selbstständigen Beweisverfahren von 2.000,00 EUR auszugleichen. Nachdem der Beklagte zu 2) hierzu keine Stellung genommen hat, hat das LG mit dem angefochtenen Beschluss die Gerichtskosten, nicht aber die Gutachterkosten ausgeglichen, ohne dass dies näher begründet wurde.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers mit der er den Ausgleich der Gutachterkosten weiterverfolgt.
2 Aus den Gründen
Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Auch wenn die angefochtene Entscheidung ebenso wie die Nichtabhilfeentscheidung an ganz erheblichen Begründungsmängeln leiden und sie in ihrer Begründung nicht tragen, weil sie sich mit der aufgeworfenen Problematik nicht auseinandersetzen, sind sie doch im Ergebnis zutreffend.
Ausweislich der Kostenvereinbarung in dem zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) geschlossenen Vergleich, gelten die Kosten des Rechtsstreites sowie des Vergleichs als gegeneinander aufgehoben. Eine ausdrückliche Einbeziehung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens in die Kosten des Rechtsstreites und damit eine Übernahmehaftung des Beklagten zu 2) fehlt. Anders als in der Beschwerdebegründung ausgeführt, wurden lediglich die Hauptansprüche, die Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens waren, verglichen, nicht aber "das Beweisverfahren". Dass der Kläger auf Nachfrage des Vorsitzenden bekundet hat, dass er die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens einbezogen sieht, begründet keine Vereinbarung mit dem Beklagten zu 2). Ungeachtet dessen hat eine vermeintliche Vereinbarung keinen Eingang in den Kostentitel gefunden.
Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens gehören grundsätzlich zu den Kosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens. Dies gilt allerdings nur soweit, wie eine Identität der Parteien und des Streitgegenstandes vorliegt (BGH NJW 2006, 2557; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl. § 91 Rn 13 – selbstständiges Beweisverfahren). Während der Streitgegenstand zwischen selbstständigem Beweisverfahren und Hauptsachverfahren noch als identisch angesehen werden kann, fehlt es vorliegend an einer Identität der Parteien. Parteien des selbstständigen Beweisverfahrens waren lediglich der Kläger und die Beklagte zu 1). Allein die Beteiligung genügt nicht. Der Umstand, dass die Beklagte zu 1) dem Beklagten zu 2) den Streit verkündet hat und er beigetreten ist, macht ihn nicht zur Partei des selbstständigen Beweisverfahrens, §§ 74, 67 ZPO (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 67 Rn 1 und § 74 Rn 4 sowie BGH NJW 1995, 197; BGH NJW 2010, 1377 [= AGS 2010, 166]). Dass der Kläger den Antrag im selbstständigen Beweisverfahren nicht auf den Beklagten zu 2) erweitert hat, muss er sich also zurechnen lassen. Auch aus allgemeinen kostenrechtlichen Grundsätzen lässt sich daher eine Haftung des Beklagten zu 2) für die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens nicht herleiten.
Mitgeteilt von RiOLG Ernst Weller, Koblenz