FamFG § 150 ZPO § 269
Leitsatz
- Die Kostenentscheidung in einer Ehesache ist mit der sofortigen Beschwerde isoliert anfechtbar, soweit sie auf der teilweisen Rücknahme einer Folgesache beruht, auch wenn der zurückgenommene Antrag eine Familienstreitsache betrifft.
- Die Überprüfungsmöglichkeit des Beschwerdegerichts beschränkt sich auf die Frage, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat.
- Bei Rücknahme einer Folgesache ist es allerdings nicht zulässig, die Kosten der Folgesache auszutrennen und vorab einem Beteiligten aufzuerlegen; vielmehr ist eine einheitliche Kostenquote für das gesamte Verbundverfahren zu treffen.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 4.4.2013 – 11 WF 294/13
1 Sachverhalt
Zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin war beim FamG ein Scheidungsverfahren mit der Folgesache Güterrecht auf Antrag des Antragstellers anhängig. Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 17.1.2013 erklärte der Antragsteller die Rücknahme der Folgesache Zugewinnausgleich. Dieser Antragsrücknahme stimmte die Antragsgegnerin im Termin vom 23.1.2013 zu.
Mit Beschl. v. 23.1.2013 setzte das FamG den Verfahrenswert auf 49.566,00 EUR fest (Scheidung 5.820,00 EUR, Versorgungsausgleich 1.746,00 EUR, Güterrecht bezifferter Antrag des Antragstellers 40.000,00 EUR, Widerantrag auf Auskunft der Antragsgegnerin 2.000,00 EUR). Am gleichen Tag erließ das FamG Endbeschluss, mit dem es die Scheidung aussprach, den Versorgungsausgleich regelte und unter Nr. 3 folgende Kostenentscheidung traf: "Die Kosten der Folgesache Güterrecht trägt der Antragsteller; im Übrigen werden die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben." In den schriftlichen Beschlussgründen führt die Erstrichterin zu der Kostenentscheidung folgendes aus: "Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 4 S. 1 FamFG. Wegen der in der Folgesache Güterrecht erfolgten Antragsrücknahme durch den Antragsteller und dem Umstand, dass das Gericht die Erfolgsaussichten des in der Folgesache Güterrecht vom Antragsteller gestellten Antrags als gering erachtet, erscheint es dem Gericht billig, die Kosten dieser Folgesache dem Antragsteller aufzuerlegen."
Gegen die Kostenentscheidung in Nr. 3 des Endbeschlusses vom 23.1.2013 wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses auch die Kosten der Folgesache Güterrecht gegeneinander aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen. Sie erachtet das Rechtsmittel bereits als unzulässig und hält die Entscheidung des Erstgerichts im Übrigen in der Sache für richtig.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Kostenentscheidung betreffend die Folgesache Güterrecht im Endbeschluss des AG ist als sofortige Beschwerde statthaft und zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt. Zwar ist die Kostenentscheidung in einer Ehesache grundsätzlich nur mit der Hauptsache, aber nicht isoliert anfechtbar (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 99 Abs. 1 ZPO; vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 150 FamFG Rn 8). Soweit eine Kostenentscheidung in einer Ehesache auf einer teilweisen Antragsrücknahme – Rücknahme eines Antrags in einer Folgesache – beruht, ist die Kostenentscheidung jedoch isoliert anfechtbar, auch wenn es sich bei der zurückgenommenen Folgesache um eine Familienstreitsache (wie hier Güterrecht, § 112 Nr. 2 FamFG) handelt (vgl. BGH FamRZ 2007, 893 zu § 93a ZPO a.F. [= AGS 2007, 532]). Statthaftes Rechtsmittel ist dann gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 269 Abs. 5 S. 1 ZPO die sofortige Beschwerde nach §§ 567 bis 572 ZPO.
Diese hat in der Sache keinen Erfolg. § 150 Abs. 4 FamFG lässt eine Abweichung vom Regelfall der Kostenaufhebung nach billigem Ermessen zu, weshalb sich die Überprüfungsmöglichkeit durch das Beschwerdegericht auf die Frage, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat, beschränkt (BGH a.a.O.). Ein Ermessensfehler in Form eines Ermessensfehlgebrauchs oder der Ermessensüberschreitung ergibt sich nicht. Das AG hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung zu Recht auf den Rechtsgedanken des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO abgestellt (vgl. dazu Prütting/Helms, FamFG, 2. Aufl., § 150 Rn 11 m. w. Nachw.).
Der Ausspruch des AG war aber wie im Tenor näher dargestellt zu korrigieren, da auch nach Rücknahme der Folgesache Güterrecht einheitlich im Rahmen des § 150 FamFG über die Kosten zu entscheiden ist (vgl. BGH a.a.O.). Es ist unter Anwendung der Billigkeitsklausel des § 150 Abs. 4 FamFG eine Kostenquote zu bilden; eine Differenzierung nach den einzelnen Verfahrensgegenständen – Scheidung nebst Folgesache Versorgungsausgleich einerseits und Folgesache Güterrecht andererseits – ist nicht zulässig. Unter Berücksichtigung der Einzelverfahrenswerte errechnet sich eine Quote von 92 % zu 8 %, wenn der Antragsteller die Kosten für die Folgesache Güterrecht alleine zu tragen hat und im Übrigen die Kosten gegeneinander aufgehoben werden.